Die Skandalbank Hypo Real Estate ist für den Steuerzahler ein Fass ohne Boden. SPD-Finanzexperte Schneider befürchtet das Schlimmste – und will reinen Tisch machen.

Ansgar Siemens: Die Hypo Real Estate (HRE) will sich von Altlasten trennen und hat eine gigantische Bad Bank beantragt. Ein Befreiungsschlag?

Carsten Schneider: Es ist zwingend notwendig, dass die Bank ihr Geschäft verkleinert. Dafür ist die Bad Bank das passende Modell.

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn man die Rede von Herrn Barthle verfolgt, dann hat man den Eindruck, dass darin viel Autosuggestion und wenig Realität enthalten sind. Der Herr Minister hat in seiner Einbringungsrede sehr pathetisch geredet, ohne konkret zu werden. Die FDP hält Sonntagsreden – ich sage gleich auch noch, warum -, in denen sie Versprechungen macht, als sei sie immer noch nicht in der Regierung angekommen, und die Union macht alles mit.

(Beifall bei der SPD)

Als Erstes muss man sich die Frage stellen: Wo stehen wir? Aufgrund der Konjunkturprogramme, für die SPD-Minister maßgeblich verantwortlich waren – ich nenne das Kurzarbeitergeld, aber auch die Investitionsmaßnahmen, die auf Peer Steinbrück zurückgehen -, war die Lage im Jahre 2009 besser, als es prognostiziert wurde. Herr Schäuble, Sie haben 15 Milliarden Euro weniger Kreditaufnahme verbuchen können, als vorhergesagt wurde. Damit hat die FDP nicht viel zu tun gehabt. Das einzige Gesetz, das Sie bisher gemacht haben, wird dazu führen, dass die eingesparten 15 Milliarden Euro, die im Jahr 2010 einen Basiseffekt in Höhe von 10 Milliarden Euro haben, verjuxt und verpulvert werden – beispielsweise an Hoteliers -, ohne dass es einen nennenswerten Wachstumseffekt gibt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist eine neue Währungseinheit: Für 1 Million Euro bekommt man 1 Milliarde Euro. Das gibt es anscheinend nur bei der FDP. Ich frage mich nur, ob es diese Million jetzt jährlich gibt oder ob Sie die 1-Milliarde-Lobbyvergünstigung wieder aufheben.

75 Milliarden Euro betrüge die Nettoneuverschuldung auch ? das gebe ich zu ?, wenn die SPD noch an der Regierung wäre. Das ist krisenbedingt. 10 Milliarden Euro packen Sie obendrauf. Bei einer jährlichen Durchschnittsverzinsung von 4 Prozent ? der jährliche Durchschnitt wird in etwa so sein; die Zinsen werden wieder steigen – macht dies jedes Jahr Mehrkosten in Höhe von 400 Millionen Euro aus, die Sie zukünftigen Generationen aufbürden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie halten Sonntagsreden. Wenn es nach der FDP gegangen wäre, dann hätten wir jetzt ein Grundgesetz, das gar keine Neuverschuldung zulässt. Richtig? Ihr Punkt war doch immer – um ein bisschen ökonomisch zu denken -: Die Neuverschuldung muss null betragen; alles andere ist schlecht.

(Joachim Poß (SPD): Das war übrigens der Herr Burgbacher, der jetzt bei den Hoteliers so beliebt ist!)

Wir ? auch Teile der Union wollten das ? haben dann durchgesetzt, dass man konjunkturreagibel vorgehen kann.

Was würden Sie heute eigentlich machen? Was wäre Ihre ökonomische Antwort? Wo würden Sie sparen? Ich warte, insbesondere nachdem Sie vier Monate ? man weiß nicht so richtig, ob Sie nun zusammen regieren oder nur gemeinsam die Pöstchen besetzen ? in einer Koalition sind, darauf, dass Sie sagen, was denn nun kommt. Herr Minister Schäuble hat heute darüber gesprochen, wie wichtig Vertrauen insgesamt und auch für die wirtschaftlichen Akteure ist.

(Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr von Finck hat doch Vertrauen!

Dem widerspreche ich nicht; das nehme ich sehr gerne auf. Dann müssen Sie aber auch bei den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land Vertrauen für die Politik, die Sie machen, schaffen, indem Sie sagen, was Sie tun wollen. Darum drücken Sie sich herum.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie wissen, Sie müssen im nächsten Jahr 10 bis 15 Milliarden Euro sparen, um die Regelungen zur Schuldenbremse einzuhalten. Sparen kann eine Einnahmeverbesserung bedeuten. Sparen kann man auch bei den Ausgaben. Sie sagen nicht, was Sie wollen.

(Dr. Claudia Winterstein (FDP): Das werden sie schon noch sagen!)

Herr Schäuble hat vorhin gesagt: Das machen wir lieber ein bisschen später, dann bekommt das keiner mit; das ist besser, ansonsten wird es nur zerredet.

(Joachim Poß (SPD): Er hat das im Stil eines Philosophen gesagt!)

Meine Damen und Herren, was diesem Land bis 2016 bevorsteht, um die europäischen Regelungen und die Maßgaben der deutschen Verfassung umzusetzen, darüber kann man nicht einfach mal im Hinterzimmer diskutieren. Man kann nicht einfach kommen und sagen: Hoppla, hier bin ich; diese und jene Maßnahme gilt jetzt für diese Zeit.

Hier hätte es einer ehrlichen Wahlauseinandersetzung bedurft. Das haben Sie nicht gemacht. Das fällt Ihnen jetzt auf die Füße. Ich weiß nicht, wie viele Treffen mit Beglückwünschungen und Beweihräucherungen Sie noch abhalten wollen. Sie haben zu Beginn der Koalition, zu dem Zeitpunkt, an dem man es tun muss, nicht klar gesagt, was die Herausforderungen sind und was im Einzelnen umgesetzt werden muss. Das tun Sie auch jetzt nicht. Sie verschieben das immer weiter. Sie verschieben es jetzt auf die Steuerschätzung im Mai. Nur, die findet kurz vor der nordrhein-westfälischen Landtagswahl statt.

(Otto Fricke (FDP): Aber vorher!)

Herr Schäuble, Sie haben gesagt, für 2010 müssten Sie keine mittelfristige Finanzplanung vorlegen. Da haben Sie Recht. Aber für 2011 müssen Sie das tun.

(Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister: Klar!)

Sie haben im Rahmen der goldenen Regeln ? Herr Barthle hat sie eben hier zitiert ? das Top-down-Prinzip festgelegt. Sie sagen also, wie hoch die maximale Kreditaufnahme ist, und dann sagen Sie den Ressorts, wie viel sie bekommen. Sie haben ein Haushaltsaufstellungsrundschreiben herumgeschickt ? das ist der Beginn der Verhandlungen ?, in dem nichts davon steht. Außer Rhetorik und Ankündigungen, dass alles schwierig wird und gespart werden muss, steht keine politische Entscheidung der Regierung, wohin es gehen soll, am Beginn dieses Verfahrens.

Das wollen Sie innerhalb eines Monats nach der Steuerschätzung machen. Was wird die Steuerschätzung denn bringen? Wir wissen, das strukturelle Defizit beträgt 70 Milliarden Euro. Vielleicht sind es 72 Milliarden Euro, vielleicht sind es 68 Milliarden Euro. Dies ändert aber nichts an der Substanz.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das ist angekündigter Wahlbetrug vor einer Landtagswahl. Anders kann ich das ? es tut mir Leid ? nicht formulieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir sind nicht irgendjemand. Das ist die größte Volkswirtschaft Europas. Wir treffen wichtige Entscheidungen. Bald kommt das Jahr 2012. 2013 steht schon wieder eine Wahl an. Ich weiß nicht, wann Sie mit der Wahrheit herausrücken wollen. Sie müssen diese Antworten aber geben, gerade auch im europäischen Kontext. Wenn Sie weiterhin wollen, dass wir uns niedrig verschulden, dass die Leute uns vertrauen und Geld geben, dann müssen Sie einen klaren Fahrplan haben. Nichts haben Sie! Sie riskieren eine Inflation. Sie riskieren steigende Zinsen. Sie riskieren, dass das Sparguthaben der kleinen Leute nichts mehr wert sein wird.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß nicht, was für Sie noch wichtig ist. Wir haben noch viele Landtagswahlen, vielleicht gibt es noch eine Oberbürgermeisterwahl oder eine Kreistagswahl in Buxtehude. Denn danach wird jetzt die Bundesrepublik Deutschland geführt. Das ist ein Trauerspiel.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ? Heinz-Peter Haustein (FDP): Die SPD ist ein Trauerspiel!)

Die FDP ist ja nun wirklich mein Liebling. Sie haben immer ein sogenanntes Sparbuch vorgelegt. Ich muss Ihnen sagen: Wir befinden uns am Beginn der Beratungen des Haushalts. Ich habe nicht gehört, was Sie machen wollen. Ich habe nicht vernommen, welche Veränderungen Sie vornehmen wollen. Die schon genannten 10 Milliarden Euro haben Sie verjuxt; das ist gegessen. Aber Sie haben einmal ein großes Paket mit Sparvorschlägen eingebracht, das jetzt, nachdem Sie an der Regierung sind, nichts mehr wert ist. Das gibt es nicht mehr! Sie wollten Stellen von Staatssekretären streichen. Das Entwicklungshilfeministerium wollten Sie abschaffen.

(Joachim Poß (SPD): Ja, ja! ? Sören Bartol (SPD): Nichts ist passiert!)

Ich sehe Herrn Niebel hier. Es konnte gar nicht schnell genug gehen, dass er ? von langer Hand geplant ? Abteilungsleiter wird und den Ministerjob annimmt. Keinen dieser Vorschläge bringen Sie ein. Es ist nur heiße Luft.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Finanzpolitisch haben Sie sich damit jeglicher Seriosität beraubt.

Ich bin gespannt. Wir werden Ihnen Vorschläge, zumindest die, die Ministerien, Öffentlichkeitsarbeit, Staatssekretäre etc. betreffen, vorlegen. Sie können sich dazu verhalten.

(Otto Fricke (FDP): Das ist Rosinenpickerei! – Joachim Poß (SPD): Dafür bekommt Thiele einen neuen Job!)

Aber Sie haben die Pöstchen ja schon alle besetzt. Tut mir leid, Otto, dass es für Dich nicht geklappt hat. Aber für alle anderen, die sich jetzt breit machen, ist genug dabei gewesen.

(Joachim Poß (SPD): Es kommen ja noch welche!)

Ich befürchte, dass Sie im Mai feststellen werden: Wir haben nur noch einen Monat Zeit bis zum Beschluss des Haushalts im Kabinett, nur noch einen Monat, um 15 Milliarden Euro einzusparen. Obwohl das nicht so schnell geht, müssen wir eine Entscheidung treffen. Was wird das für eine Entscheidung sein? Sie können den Ausgleich für das strukturelle Defizit für 2011 sehr schnell erbringen, indem Sie den Arbeitslosenversicherungsbeitrag erhöhen. Ich prophezeie Ihnen: Sie werden im Juni vereinbaren, den Arbeitslosenversicherungsbeitrag für 2011 zu erhöhen.

(Bettina Hagedorn (SPD): Ja!)

Wer zahlt den? Den Arbeitslosenversicherungsbeitrag, den Sozialversicherungsbeitrag zahlen alle, die ab dem ersten Euro einzahlen. Im unteren Einkommensbereich ist der Beitrag überproportional höher, weil wir im oberen die Beitragsbemessungsgrenze haben, auch in anderen Bereichen der Sozialversicherung. Sie entlasten also die, die Einkommensteuer zahlen. Das sind vor allem die, die oben sind. Die, die unten sind, werden belastet. Das ist nicht nur unsozial, sondern auch ökonomisch unsinnig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben die Chance, das auszuschließen. Sagen Sie doch vor der Wahl, damit die Menschen Klarheit haben, dass Sie das nicht tun werden, dass der Arbeitslosenversicherungsbeitrag und die Sozialabgaben nicht erhöht werden. Tun Sie das? Bekommen wir darauf eine klare Antwort?

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Schweigen im Walde!)

Ich höre nichts!

Der Haushalt 2010, den Sie vorlegen, hat eine Grundsubstanz, die noch aus unserer Regierungszeit stammt. Sie haben sofort Ihre Lobbygeschenke obendrauf gepackt.

(Joachim Poß (SPD): So ist es!)

Ich zitiere die Süddeutsche Zeitung:

Nicht erst seit Westerwelles Geschwurbel von einer geistig-politischen Wende scheint es, als sei diese Regierung seltsam aus der Zeit gefallen. Vielleicht ist das Bündnis aus einer kraftlosen CDU, einer unberechenbaren CSU und einer hypertrophen FDP einfach die falsche Regierung für die Probleme der nächsten Jahre.

Ich glaube, der Autor hat Recht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

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Es ist eine Ironie der Geschichte: Ab heute steht einer der Hauptverdächtigen in der CDU-Spendenaffäre, Karlheinz Schreiber, in Deutschland vor Gericht, und gerade jetzt werden großzügige Spenden des Hotelunternehmers August Baron von Finck an FDP und CSU öffentlich. Stehen diese Zahlungen in Verbindung mit der umstrittenen Senkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtung von 19 auf 7 Prozent?

Nach Informationen des „Spiegel“ überwies von Fincks Substantia AG der FDP vor der Bundestagswahl 2009 insgesamt 1,1 Millionen Euro. Keine drei Monate nach der Wahl trat der gesenkte Mehrwertsteuersatz in Kraft. Es ist eine der größten Parteispenden für die Liberalen überhaupt. Neben den Freidemokraten hatte sich vor allem die CSU für die Entlastung der Hoteliers stark gemacht, die laut der „Süddeutschen Zeitung“ von dem Firmenimperium der Milliardärsfamilie von Finck ebenfalls seit 1998 Spenden in Höhe von 3,7 Millionen Euro erhielt. Zuletzt waren es 810.000 Euro vor der bayerischen Landtagswahl 2008. Kurz: Es ist der fatale Eindruck entstanden, FDP und CSU seien käuflich. Deshalb fordern wir als SPD die Rückzahlung der Spenden.

Selbst wenn sich ein direkter Zusammenhang zwischen Spenden und Hotel-Bonus nicht beweisen lässt, steht fest, dass die Lobbyisten unter der neuen Regierung an Einfluss gewonnen haben. Das zeigt nicht zuletzt die Berufung des Spitzenlobbyisten der privaten Krankenversicherung (PKV) als Chef der Grundsatzabteilung im FDP-geführten Gesundheitsministerium. Die ehemalige FDP-Staatsministerin Hildegard Hamm-Brücher brachte es im „Spiegel“ auf den Punkt: „In der Regierung macht die FDP reine Klientelpolitik. Sie kümmert sich um die Steuerfragen einer bestimmten Schicht, das ist alles.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Auf ihrer heutigen Klausur hat die SPD-Bundestagsfraktion über die Leitlinien für ihre Oppositionsarbeit beraten. Debattiert wurde über den Entwurf eines Papiers, das die sozialdemokratischen Positionen zu den größten politischen Herausforderungen in den kommenden Jahren enthält und der schwarz-gelben Koalition ein schlechtes Zeugnis für ihre bisherige Regierungsarbeit ausstellt.

Carsten Schneider, SPD-Bundestagsabgeordneter für Erfurt und Weimar, bewertet das Ergebnis positiv. „Dass diejenigen, die eine der schwersten Finanzkrisen jemals verursacht haben, für einen Teil des Schadens aufkommen müssen, ist unverhandelbar. Deshalb muss es zukünftig eine Finanztransaktionssteuer auf nationaler oder EU-Ebene geben“, macht Schneider noch einmal deutlich.

Das vorgelegte Positionspapier enthält Ansätze aus dem bereits im letzten Jahr präsentierten Deutschland-Plan von Frank-Walter Steinmeier und dem SPD-Wahlprogramm: „Ich erkenne in wesentlichen Punkten eine Kontinuität zu unseren bisherigen Vorstellungen. Auf dem Weg zu einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn müssen weitere Branchen in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufgenommen werden. Vordringlich ist aber eine verbindliche Lohnuntergrenze für Leiharbeiter“, so Schneider. „Dass der Missbrauch durch Leiharbeit unbedingt gestoppt werden muss, hat erst jüngst das skandalöse Geschäftsgebaren bei einer großen deutschen Drogeriekette gezeigt.“

„Das einzige Markenzeichen der Bundesregierung bisher ist ihre Uneinigkeit über die zukünftige politische Gestaltung in Deutschland. Sie hat für jeden ersichtlich unter Beweis gestellt, dass sie nicht auf das Regieren vorbereit war und keine schlüssigen Lösungen für die zu bewältigenden Probleme parat hat“, sagt Schneider.

Call Center sind berühmt und berüchtigt. Fast jeder hat seine ganz eigenen Erfahrungen mit den Beratungen über Telefonhotlines. Die wenigsten wissen aber, was für eine Arbeit es ist, in einem Call Center zu arbeiten und fast im Minutentakt mit neuen Kundenproblemen konfrontiert zu werden.

Neben den großen Unternehmen, die ihre Call Center bereits ins Ausland verlagert haben, sind einige andere seit geraumer Zeit in Erfurt angesiedelt. Der größte Standort in Erfurt gehört zum Freenet-Konzern. Rund 600 Mitarbeiter stehen den Telefonkunden aus ganz Deutschland täglich mit Rat und Tat zur Seite – davon konnte ich mich selbst überzeugen.

In der vergangenen Woche erörterte mir die Geschäftsleitung vor Ort die aktuelle Situation des Unternehmens und gemeinsam diskutierten wir die Herausforderungen am Erfurter Standort. Dabei gewann ich den Eindruck, dass sich die Unternehmens- und Standortleitung ihrer besonderen Verantwortung gegenüber den Angestellten bewusst ist. Bei Problemen wird hoher Wert auf einvernehmliche Lösungen gelegt. Das ist auch notwendig, denn die Arbeit ist nervenaufreibend genug. Ich hoffe, mich das nächste Mal daran zu erinnern, wenn ich mal wieder in einer Hotline festhänge…

Maßnahmen wie das Wachstumsbeschleunigungsgesetz belasten die Kommunen mit milliardenschweren Einnahmeausfällen. Ab diesem Jahr werden sich die Mindereinnahmen auf 8,5 Mrd. jährlich summieren. Davon belasten jährlich mindestens 1,5 Mrd. Euro die Haushalte der Kommunen.

Carsten Schneider, SPD-Bundestagsabgeordneter für Erfurt und Weimar, kritisiert daher die Steuersenkungspolitik der schwarz-gelben Bundesregierung, weil sie den Ausbau der Kinderbetreuung in Thüringen gefährdet. Schneider macht deutlich: „Die Kommunen müssen ihre Ausgaben kürzen und ihre Einnahmen erhöhen. Deshalb drohen schmerzhafte Einschnitte bei Investitionen, Bildung und der soziale Daseinsvorsorge. Der Ausbau der Kinderbetreuung gerät ins Stocken, Kindergartenbeiträge werden steigen und der Betreuungsschlüssel wird sich verschlechtern, weil kein Geld für zusätzliche Erzieherinnenstellen vorhanden ist.“ Schneider findet es unverantwortlich, dass die „milliardenschweren Steuergeschenke auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger und vor allem der Familien ausgetragen werden“.

Die SPD hat in ihrer Regierungszeit durchgesetzt, dass der Bund die Länder und die Kommunen mit 4 Milliarden Euro bis 2013 bei der Schaffung und dem Erhalt von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren unterstützt. Danach beteiligt der Bund dauerhaft mit jährlich 770 Millionen Euro an den Betriebskosten. Erfurt bekommt für den Ausbau der Kinderbetreuung rund 5,2 Millionen Euro und Weimar 1,7 Millionen Euro.

Die erforderliche Kofinanzierung durch die Kommunen ist angesichts der schwarz-gelben Steuerpolitik stark gefährdet. Die Finanzlage der kommunalen Haushalte ist ohnehin bereits durch den krisenbedingten Einbruch der Gewerbesteuer äußert prekär.

„Ich fordere daher meine Kollegin Antje Tillmann (CDU) und meinen Kollegen Patrick Kurth (FDP) sowie ihre Fraktionskollegen aus den anderen Thüringer Wahlkreisen auf, die unsinnige Steuersenkungspolitik zu stoppen und sich für eine Stärkung der kommunalen Finanzen einzusetzen. Investitionen in frühkindliche Bildung sind nur machbar, wenn Städte und Gemeinden finanziell gut aufgestellt sind“, so Schneider.

Zehn Milliarden Euro weniger Schulden hätte eine Bundesregierung mit SPD-Beteiligung gemacht, sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Carsten Schneider. Die Steuersenkungen von Schwarz-Gelb für eine bestimmte Klientel seien absurd und nur ein scheinbares Wachstumspaket.

Dirk Müller: Logisch wäre es irgendwie allemal, wenn die Regierung die Steuerbelastung zurückfährt, obwohl sie kein Geld hat, und deshalb die Stellschrauben anderswo anzieht, nämlich bei den Sozialabgaben. Die Haushaltslage ist derart desolat, dass man sich ernsthaft Sorgen machen muss darüber, wo das Geld herkommen soll, woher man das Geld auch nehmen kann. Logisch also wäre es, aber politisch nicht nur umstritten, sondern, wie die Kritiker sagen, höchst kontraproduktiv. Deshalb sagt und fordert die schwarz-gelbe Koalition, Schluss mit der Diskussion über höhere Abgaben. Doch die Diskussion geht munter weiter.

Das darf doch alles nicht wahr sein, sagen die Sozialdemokraten, und Carsten Schneider, der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, ist jetzt bei uns am Telefon. Guten Tag!

Carsten Schneider: Guten Tag, Herr Müller.

Müller: Das darf alles nicht wahr sein, sagen Sie, weil Sie zaubern könnten?

Schneider: Nein. Wir hätten schon zu Beginn einer Koalition klar Schiff gemacht und gesagt, was Sache ist. Das heißt, erst mal gucken, was ist, und dann gucken, was man machen kann. Diese Koalition hat drei Wochen Flitterwochen gemacht, ohne sich festzulegen, erstens was sind die Prioritäten, was sind die Prosperitäten, und zweitens wie ist überhaupt die Lage, und die ist sehr schlecht, was die öffentlichen Finanzen betrifft.

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Zum heutigen Kabinettbeschluss zum Bundeshaushalt 2010 erklärt der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider:

„Auch dank der konjunktur- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der Großen Koalition haben sich seit dem im Juni vorgelegten Steinbrück-Entwurf zum Bundeshaushalt 2010 die Wirtschaftsdaten deutlich besser entwickelt als damals angenommen. Dadurch verbessern sich Ansätze für den Arbeitsmarkt, bei Zinsausgaben sowie bei Steuereinnahmen um insgesamt rund zehn Milliarde Euro.
Mit dem fortgeschriebenen Steinbrück-Entwurf wäre jetzt also eine Absenkung der Neuverschuldung um rund zehn Milliarden Euro gegenüber den ursprünglichen 86,1 Milliarden Euro möglich.
Dies wäre mit Blick auf die Regelungen zur Schuldenbremse auch nahezu zwangsläufig. Selbst das Bundesministerium der Finanzen rechnet nun nur noch mit einer konjunkturell begründbaren Neuverschuldung von rund 16 Milliarden Euro gegenüber 26 Milliarden Euro im letzten Sommer.

Bundesminister Schäuble nimmt in seinem Entwurf stattdessen den zehn Milliarden Euro-Spielraum, der ihm in den Schoß gefallen ist, um Wahlgeschenke wie zum Beispiel die Begünstigung der Hoteliers und die Steuererleichterung für Unternehmen zu finanzieren. Er bleibt damit bei der alten, jetzt nicht mehr zu rechtfertigenden Höhe von rund 86 Milliarden Euro. Statt des möglichen notwendigen Einstiegs in die Rückführung der Neuverschuldung legt Schwarz-Gelb mit diesen zusätzlichen Belastungen des Haushaltes die Latte für die notwendige Konsolidierung in den Jahren 2011 bis 2016 noch höher.

Ab 2011 müssen nun Jahr für Jahr jeweils rund 13 Milliarden Euro im Bundeshaushalt eingespart werden:

– Zehn Milliarden Euro pro Jahr, um ausgehend von der jetzigen strukturellen Verschuldung von 70 Milliarden Euro auf die ab 2016 verfassungsrechtlich nur noch zulässigen zehn Milliarden Euro herunterzukommen.

– Drei Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich, um die lawinenartig anwachsenden Zinsausgaben durch die gewaltige Neuverschuldung der kommenden Jahre aus dem Haushalt finanzieren zu können.

Wo will die Regierung Merkel/Westerwelle diese 13 Milliarden Euro pro Jahr kürzen? Welche Steuern oder Abgaben sollen erhöht werden? Dazu kein Wort. Es fehlt ein Konzept für die mittelfristige Perspektive. Bis zur Wahl in Nordrhein-Westfalen sollen die Bürger im Ungewissen gelassen werden, sie sollen sich in Sicherheit wiegen.

Aber 13 Milliarden Euro pro Jahr sind nun wahrlich kein Pappenstiel:

– 13 Milliarden Euro, das ist zum Beispiel die Hälfte der gesamten Investitionsausgaben. Würde Schwarz-Gelb dort sparen, waeren die Investitionen nach zwei Jahren auf Null.

– 13 Milliarden Euro, das ist mehr als der gesamte Etat für Bildung und Forschung von rund 11 Milliarden Euro.

– 13 Milliarden Euro, das ist so viel wie der gesamte Etat der beiden Ministerien für Wirtschaft und Technologie sowie Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Die Bürger haben ein Recht darauf, jetzt und nicht erst im Sommer zu erfahren, wie die Regierung Merkel/Westerwelle die Finanzkrater schließen will. Stattdessen wird mit einer Steuerreform gelockt – absurdes Theater.“

 

Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, bemängelt den Haushaltskurs der Bundesregierung. Die Koalition aus Union und FDP bediene nur eine bestimmte Klientel und betreibe eine „Entreicherung des Staates“.

Gabi Wuttke: Sonntags, an den Feiertagen und nachts: Dass Zuschläge für Schichtarbeit steuerfrei sind, ist in Deutschland noch kein Fremdwort, könnte aber eines werden, denn die steuerfreien Zuschläge stehen auf der roten Liste von Forschungsinstituten, was der neuen Bundesregierung nicht un gelegen kommen dürfte. Carsten Schneider ist jetzt am Telefon, der haushaltspolitische Sprecher der SPD. Guten Morgen, Herr Schneider!

Carsten Schneider: Guten Morgen, Frau Wuttke!

Wuttke: In dem Gutachten werden Schichtzuschläge als herausgeworfene Steuergelder gebrandmarkt, das können Sie weder als Sozialdemokrat noch als Oppositionspolitiker richtig finden, oder?

Schneider: Nein, wir haben ja in allen Regierungsverantwortungen, wo wir waren, immer dafür gesorgt, dass die Schicht- und Nachtzuschläge steuerfrei bleiben. Die Gedanken, die die Wissenschaftler dahinter haben, sind ja, das muss nicht der Staat regulieren, das muss der Einzelne mit dem Arbeitgeber verhandeln, dass er da mehr bekommt. Aber meine Lebensrealität und Erkenntnis ist, wenn das einmal weg ist und versteuert wird, kriegen Sie als Arbeitnehmer das nicht mehr durchgesetzt und im Endeffekt haben Sie weniger. Von daher haben wir das immer so gelassen und sind auch sowohl in Regierung als auch jetzt in Opposition dagegen, das zu streichen.

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