Mit Kritik und Besorgnis reagiert die Thüringer Solarindustrie auf die aktuellen Pläne von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), die Vergütung für Solarstrom in diesem Jahr noch weiter zu kürzen. Carsten Schneider, Thüringer SPD-Bundestagsabgeordneter, besuchte deshalb heute die PV Crystalox Solar GmbH in Erfurt, um die Forderungen der Geschäftsführung und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unterstützen.

„Die aktuellen Pläne der Bundesregierung, die Vergütung für Solarstrom in diesem Jahr noch weiter zu kürzen, sind mit unkalkulierbaren Risiken für die Unternehmen verbunden. Vielen Beschäftigten droht der Verlust des Arbeitsplatzes. Außerdem gefährden die Pläne der Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP einen wichtigen Standortvorteil Thüringens und des gesamten Ostens“, ist Schneider besorgt.

Thüringen hat sich zu einem führenden Solarstandort entwickelt. Mittlerweile arbeiten im Freistaat über 5.000 Menschen in dieser Branche. Zusammen mit Sachsen und Sachsen-Anhalt bildet Thüringen das deutsche „Solarvalley“.

„Bereits im letzten Jahr wollte die CDU die Solarförderung massiv kürzen. Doch die SPD hat durchgesetzt, dass die Fördersätze zum 1. Januar 2010 nicht um 20 Prozent, sondern lediglich um 9 Prozent sanken.“ Eine weitere Kürzung in so kurzem Abstand ist mit unkalkulierbaren Risiken verbunden. Als „völlig übereilt, nicht durchdacht und wirtschaftlich unverantwortlich“, kritisiert Schneider daher die Pläne der Bundesregierung. „Die Unternehmen brauchen Verlässlichkeit und Investitionssicherheit.“

„Aber letztlich zeigt sich in der aktuellen nur das wahre Gesicht von Schwarz-Gelb, denn zeitglich zu den Kürzungsplänen läuft – auf Drängen der Atomlobby – alles auf einen Ausstieg vom Ausstieg aus der Kernenergie hinaus. AKWs, die bereits abgestellt sein sollten, bleiben länger am Netz und die damit verbundenen enormen Sicherheitsrisiken werden entweder kleingeredet oder einfach ignoriert“, stellt Schneider fest. „Stattdessen greift Bundesumweltminister Röttgen die Technologien an, für er sich eigentlich einsetzen sollte – die Umwelttechnologien.“

„Nur erneuerbaren Energien gehört die Zukunft. Und weil etwa Windenergie allein nicht ausreicht, müssen Bereiche wie die Solarbranche weiter ausgebaut werden. Das sichert Arbeits- und Ausbildungsplätze.“

Carsten Schneider appelliert daher an seine ostdeutschen und vor allem Thüringer Bundestagskolleginnen und -kollegen, den Kürzungsplänen auf keinen Fall zuzustimmen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete wird morgen selbst am branchenweiten Aktionstag bei der Bosch Solar Energy AG in Arnstadt teilnehmen.

Seit die SPD in ihrer Regierungszeit die Energiewende eingeleitet hat, hat sich Thüringen zu einem führenden Standort in der Solarindustrie entwickelt. Immer mehr Unternehmen haben sich in den letzten Jahren in der Branche angesiedelt. Die PV Crystalox Solar GmbH in Erfurt etwa hat 30 bis 40 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung und den Ausbau ihres Standortes, also in neue Arbeitsplätze investiert. Mittlerweile arbeiten über 5.000 Menschen in der Thüringer Solarbranche.

Die aktuellen Pläne von Bundesumweltminister Röttgen (CDU), die Vergütung für Solarstrom in diesem Jahr noch weiter zu kürzen, sind mit unkalkulierbaren Risiken für die Unternehmen verbunden. Vielen Beschäftigten droht der Verlust des Arbeitsplatzes. Außerdem gefährden die Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung einen wichtigen Standortvorteil Thüringens und des gesamten Ostens. Zusammen mit Sachsen und Sachsen-Anhalt bildet Thüringen das deutsche „Solarvalley“.

Bereits im letzten Jahr wollte die CDU die Solarförderung massiv kürzen. Doch die SPD hat durchgesetzt, dass die Fördersätze zum 1. Januar 2010 nicht um 20 Prozent, sondern lediglich um 9 Prozent sanken. Völlig übereilt, nicht durchdacht und wirtschaftlich unverantwortlich sind daher die jetzigen Pläne der Bundesregierung. Die Unternehmen brauchen Verlässlichkeit und Investitionssicherheit.

Aber letztlich zeigt sich in der aktuellen Diskussion nur das wahre Gesicht von Schwarz-Gelb, denn zeitglich zu den Kürzungsplänen läuft – auf Drängen der Atomlobby – alles auf einen Ausstieg vom Ausstieg aus der Kernenergie hinaus. AKWs, die bereits abgestellt sein sollten, bleiben länger am Netz und die damit verbundenen enormen Sicherheitsrisiken werden entweder kleingeredet oder einfach ignoriert. Stattdessen greift der Bundesumweltminister Röttgen die Technologien an, für er sich eigentlich einsetzen sollte – die Umwelttechnologien.

Die SPD ist vom Potential der Solarenergie überzeugt, die bis spätestens 2013 ihre Netzparität anstrebt. Deshalb setzen wir auf eine ökologische Industriepolitik, zu der der stetige Ausbau der regenerativer Energien gehört. Nur erneuerbaren Energien gehört die Zukunft. Und weil etwa Windenergie allein nicht ausreicht, müssen Bereiche wie die Solarbranche weiter ausgebaut werden. Das sichert Arbeits- und Ausbildungsplätze.

Deshalb dürfen die ostdeutschen und vor allem die Thüringer Bundestagsabgeordneten den Kürzungsplänen auf keinen Fall zuzustimmen.

Carsten Schneider hat heute beim Erfurter Lokalradio Radio F.R.E.I. ein Interview gegeben.

Wer es verpasst hat, kann das Interview hier nochmals in voller Länge anzuhören.

HÖREN (mp3)

Michael Klein: Die Bundesregierung will in diesem Jahr 85,8 Milliarden Euro neue Schulden machen. Gibt es dazu wirklich keine Alternative?

Carsten Schneider: Der größte Teil der Verschuldung geht auf die Finanz- und Wirtschaftskrise zurück. Wenn allerdings noch die SPD den Finanzminister stellen würde, wäre die Neuverschuldung mindestens um 10 Milliarden Euro niedriger, weil durch den etwas günstigeren Wirtschaftsverlauf 2009 die Steuereinnahmen nicht ganz so stark eingebrochen und bestimmte Ausgaben unter den Ansätzen geblieben sind. Die Gründe für diesen Verlauf liegen beim Kurzarbeitergeld und den Konjunkturpaketen der Vorgängerkoalition, die von der SPD initiiert wurden.

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Die SPD-Bundestagsfraktion hat heute einen Gesetzesvorschlag in den Bundestag eingebracht, nach dem Einnahmen von Schülern aus Ferienjobs nicht mehr – wie bisher – als Einkommen auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden. Stattdessen sollen die Schüler das verdiente Geld behalten dürfen. „Die bisherige Regelung demotiviert Jugendliche und diskriminiert sie gegenüber ihren Altersgenossen“, begründete Carsten Schneider, Bundestagsabgeordneter für Erfurt und Weimar, den Antrag. „Ein Ferienjob schafft Selbstvertrauen. Dabei können sich Schüler nicht nur das Taschengeld aufbessern, sondern auch nach beruflichen Perspektiven Ausschau halten.“

Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz dürfen Schüler im Alter von 13 bis 24 Jahren in den Schulferien maximal vier Wochen jährlich arbeiten. Nach derzeitiger Rechtslage werden wesentliche Teile der Einkünfte aus Ferienjobs von Schülern, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, mit dem Arbeitslosengeld II verrechnet. Sie dürfen nur die ersten 100 Euro der in einem Monat verdienten Summe behalten, von Beträgen, die darüber liegen, jedoch nur 20 Prozent. Die restlichen 80 Prozent werden der Bedarfsgemeinschaft vom Arbeitslosengeld II abgezogen.

„Damit kommt der verdiente Lohn nicht den Schülern zugute“, kritisiert Carsten Schneider. Die aktuelle Regelung sei vor allem auch vor der Diskussion über zu niedrige Regelsätze für Kinder von Arbeitslosengeld II-Empfängern anachronistisch. Schneider: „Immer mehr Kinder müssen mittags in Suppenküchen essen, aber dürfen in den Ferien nichts hinzuverdienen – das ist absurd.“

Setzt sich Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler mit seinem Vorhaben durch, einen Einheitsbeitrag (Kopfpauschale) einzuführen, würde dies das Gesundheitssystem in Deutschland entsolidarisieren.

Seit langem fordert die SPD gemeinsam mit den Gewerkschaften eine solidarische Bürgerversicherung, die alle Einkommensgruppen einbezieht. Hingegen wäre die von Schwarz-Gelb geplante Kopfpauschale für alle Versicherten gleich hoch. Menschen mit niedrigem Einkommen würden einen genauso hohen Krankenversicherungsbeitrag zahlen wie Spitzenverdiener. Am Ende würden Geringverdiener und Rentner be- und Besserverdiener entlastet.

Um soziale Härten zu vermeiden, sollen die Bezieher von niedrigem Einkommen einen Zuschuss erhalten, damit sie sich gegen Krankheit versichern können. Jedoch: Wie Schwarz-Gelb diesen „Sozialausgleich“ in Höhe von etwa 35 Milliarden Euro jährlich gegenfinanzieren will, haben weder die Bundeskanzlerin noch ihr Bundesgesundheitsminister bisher verraten. Und als wäre dies noch nicht alarmierend genug, will Schwarz-Gelb auch noch den Arbeitgeberbeitrag auf dem gegenwärtigen Niveau einfrieren. Künftig gingen Beitragserhöhungen dann allein zu Lasten der Versicherten.

Auch der personelle Umbau im FDP-geführten Gesundheitsministerium lässt für die Zukunft der mehr als 50 Millionen Beitragszahler in der gesetzlichen Krankenversicherung schlimmes erahnen. Mit Christian Weber beruft der Minister ausgerechnet einen Spitzenmanager des Verbandes der Privaten Krankenversicherung zu seinem Abteilungsleiter für Grundsatzfragen. Zudem musste der anerkannte Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Peter Sawicki, seinen Posten räumen. Das IQWiG prüft Medikamente und Therapien auf ihre Tauglichkeit und ist deshalb der Pharmaindustrie – und der FDP als ihrem verlängerten politischen Arm – schon lange ein Dorn im Auge.

Viele Versicherten werden sehr bald die Auswirkungen liberaler Gesundheitspolitik im Portemonnaie spüren: Sollten die Preise für Arzneimittel – unter kräftigem Mittun der Pharma-Lobby – weiter künstlich hoch gehalten werden, müssen wohl weitere Krankenkassen an der Beitragsschraube drehen.

Zu der morgen im Haushaltsausschuss zu diskutierenden Absicht der Bundesregierung, eine Kreditgarantie für den Export von Nukleartechnologie zu gewähren, erklärt der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider:

Die SPD wird im Haushaltsausschuss die Bundesregierung auffordern, die beantragte Exportkreditgarantie entgegen bisheriger Absicht der Bundesregierung nicht zu gewähren.

Die SPD-Fraktion sieht sich unverändert den „Leitlinien für die Berücksichtigung von ökologischen, sozialen und entwicklungspolitischen Gesichtspunkten bei der Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen des Bundes“ aus dem Jahre 2001 verpflichtet. Nach diesen Leitlinien sind Nukleartechnologien zum Neubau von Atomanlagen von der Exportförderung ausgeschlossen.

Nach wie vor gilt grundsätzlich, dass Atomenergie angesichts der enormen Risiken für Mensch und Umwelt und der völlig ungelösten Endlagerproblematik keine vertretbare Zukunft hat. Dies gilt im In- und Ausland gleichermaßen. Deshalb kommt eine Exportförderung für Nukleartechnologie für uns nicht infrage. Im Fall des brasilianischen Kernkraftwerkprojekts Angra 3 geht es zudem um eine veraltete Technologie in einem Land mit niedrigem Sicherheitsstandard und ohne unabhängige Atomaufsicht. Zudem ist der Standort erdbebengefährdet. Man stelle sich nur vor, ein Kernkraftwerk hätte in Haiti gestanden.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Barthle, auch ich war diese Woche hier. Ich habe allerdings einen anderen Eindruck, sowohl was die Debatte und den Zusammenhalt innerhalb der Koalition als auch insbesondere was die Linie der Regierung betrifft; denn die war eigentlich gar nicht erkennbar.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wer den markanten grundsätzlichen Redebeitrag der FDP-Fraktionsvorsitzenden am Mittwoch gehört hat, der hat gesehen, dass sich hier keine Hand gerührt hat.

(Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP): Was?)

Ich kann das auch gut verstehen; denn das, was sie gesagt hat, war gänzlich fernab der Realität.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir sind kurz vor dem Einstieg in die parlamentarischen Beratungen des Haushaltsentwurfs; Sie haben darauf hingewiesen. Sie haben allerdings wenig dazu gesagt, vor welchen Herausforderungen dieses Land steht, Herr Barthle; davor haben Sie sich gedrückt. Ich habe die ganze Woche Minister reden hören, die wohltönend dargelegt haben, was sie alles machen werden: Die Mittel für das Elterngeld und die Zahl der Vätermonate sollen erhöht werden, die Mittel für den Arbeitsmarkt sollen nicht gekürzt, sondern erhöht werden etc. Kein einziger Minister hat gesagt, wo er sparen will, und das, obwohl Sie von der FDP-Fraktion uns in der Vergangenheit immer mit Ihren Sparbüchern, in denen steht, wo Sie überall sparen wollen, traktiert haben. Sie haben nicht einen einzigen der Vorschläge, die Sie jahrelang gemacht haben, eingebracht.

(Joachim Poß (SPD): Die haben ihre Bücher verbrannt! Die haben eine Bücherverbrennung gemacht! – Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die FDP war wahrscheinlich mit Überweisungen beschäftigt!)

Ich bin gespannt, ob dazu noch etwas kommen wird.

Die Lage ist aber viel zu ernst für Scharmützel. Der Herr Bundesfinanzminister hat am Dienstag eine sehr bedeutungsschwere Rede gehalten, allerdings mit relativ wenig konkretem Inhalt. Deshalb muss man Ihnen, denke ich, heute noch einmal die Gelegenheit geben, zu antworten.

Ich will Ihnen klar sagen, wie die Lage ist, Herr Bundesfinanzminister: Ausweislich Ihrer eigenen Berichte ? ich nehme an, Sie kennen sie; vielleicht muss man sie aber dem Bundestag noch einmal vorstellen ? sind wir in einer Situation ? Bundesbankpräsident Weber hat sich gestern dazu geäußert ?, die sehr kritisch ist. Die ökonomische Situation ist kritisch, insbesondere aber die öffentlichen Finanzen. Er sagt: Tiefe Einschnitte bei den Staatsausgaben sind unausweichlich. Er fügt hinzu, dass im Falle von Steuersenkungen ? das ist ja Ihr Hauptpunkt, das ist der Grund, warum Sie sich alle paar Wochen wieder zum Essen treffen und groß Verbrüderung feiern ? die Einsparungen, weil Steuersenkungen gegenfinanziert werden müssten, sogar noch härter ausfallen müssten.

(Zuruf von der FDP: Das können wir durchrechnen!)

? Ja, rechnen wir das einmal zusammen: Im nächsten Jahr müssen Sie wegen der Schuldenbremse 10 Milliarden Euro einsparen. Hinzu kommen 3 Milliarden Euro wegen höherer Zinsausgaben. Das macht 13 Milliarden Euro. Wenn Sie dann dazurechnen, dass wegen der Steuerentlastung von 20 Milliarden Euro, die Sie beschließen wollen, der Bund 10 Milliarden Euro weniger einnimmt, sind wir bei 23 Milliarden Euro. Wie wollen Sie das finanzieren? Einen Sparvorschlag habe ich nicht gehört; die Steuern erhöhen wollen Sie aber auch nicht. Wie wollen Sie das also finanzieren? Ich höre immer: durch Wachstum. Bei einer Steuerquote von 25 Prozent brauchten Sie zusätzlich zu dem Wachstum, das im Moment unterstellt wird ? 2 Prozent ?, ein Wachstum von 8 Prozent. Das heißt, um das, was Sie sich vorgenommen haben, zu finanzieren, brauchten Sie 2011 ein Wachstum von 10 Prozent. Da frage ich mich: Ist das hier Alice im Wunderland?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich sind auch wir Sozialdemokraten daran interessiert, dass wir ein hohes Wachstum haben. Deswegen haben wir ja die Konjunkturprogramme unterstützt und sie mit durchgesetzt. Ich bin einigermaßen entsetzt, dass der Kernpunkt des öffentlichen Investitionsprogramms nach Aussage Ihres Ministeriums, Herr Staatssekretär Koschyk, nun zur Diskussion steht, nämlich die Bedingung, dass, wenn der Bund für Vorhaben Mittel bereitstellt, Länder und Kommunen diese Vorhaben mitfinanzieren; so soll ein höherer Wachstumseffekt erreicht werden. Diese Bedingung hat der Deutsche Bundestag beschlossen. Wir haben im Haushaltsausschuss mit Zustimmung der Kollegen der CDU/CSU ? bei den Kollegen der FDP bin ich nicht ganz sicher ? nachdrücklich dafür gesorgt, dass diese Bedingung gestellt wird. Wir haben sogar aufgenommen, dass der Bundesrechnungshof das Recht, zu prüfen, erhält. Was machen Sie nun? Sie wollen diese Bedingung der Zusätzlichkeit streichen, Sie wollen diesen zusätzlichen Impuls für die wirtschaftliche Entwicklung streichen.

(Joachim Poß (SPD): Hört! Hört!)

Das ist eine Konterkarierung des Konjunkturprogramms.

(Joachim Poß (SPD): Pfui!)

Man muss sich um die wirtschaftliche Situation in Deutschland Sorgen machen.

(Beifall bei der SPD)

Man kann Vermutungen anstellen, warum das so kommt. In den Verhandlungen über Ihr sogenanntes Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das viel Wirkung in den Parteikassen hinterließ, für den Staat aber Mindereinnahmen zur Folge hatte, kam vom sächsischen Ministerpräsidenten, Herrn Tillich, der Wunsch, die Bedingung der Zusätzlichkeit zu streichen. Auf meine Nachfrage im Haushaltsausschuss hat das Bundesfinanzministerium die Auffassung geäußert, dass man das auf keinen Fall wolle. Ich kann Ihnen die Begründung dazu im Einzelnen vorlegen; ich will Sie aber nicht traktieren. Wenn Sie die Bedingung der Zusätzlichkeit streichen wollen, müssen Sie zustimmen; denn es ist ein zu Gesetz zu ändern, das Sie vor einem halben Jahr voller Verve und mit guter Begründung anders beschlossen haben.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie dem zustimmen, Herr Bundesfinanzminister, dann ist das die erste schwere Niederlage in Ihrer Amtszeit.

(Zuruf von der SPD: Nicht die letzte!)

? Auch ich habe große Sorgen, dass das nicht die letzte sein wird. Man muss nach dieser Debatte wirklich den Eindruck haben ? das ist realistisch ?, dass Sie sich von den Vorgaben des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes als auch von der Schuldenbremse verabschieden, dass Sie die Vorgaben nicht einhalten werden und die Schuldenbremse nicht umsetzen werden. Und das in einer Phase, in der wir diese massive Staatsverschuldung haben: 2013, am Ende dieser Legislatur, wird sie bei über 1 Billion Euro liegen, und für Zinsen müssen wir 53 Milliarden Euro aufwenden. Hinzu kommt das Zinsänderungsrisiko aufgrund höherer Inflationsgefahr, wenn die Konsolidierung nicht erfolgt; auch auf dieses Risiko weist der Bundesbankpräsident hin. Das wird dem Staat die Luft abschnüren. Die FDP hat hier eine klare Grundsatzposition: am besten gar keinen Staat mehr. Freiheit für alle, vor allen Dingen Freiheit von jedweder Verantwortung.

(Beifall bei der SPD ? Jörg van Essen (FDP): Dass Sie sich nicht schämen, hier einen solchen Unsinn vorzutragen!)

Sie sind gewählt worden von 15 Prozent der Bevölkerung ? herzlichen Glückwunsch! Mittlerweile sind Sie aber zuständig für das ganze Land, für 100 Prozent der Bevölkerung. Alles, was hier in den letzten Tagen besprochen wurde und an Vorschlägen kam, geht in die Richtung einer reinen Klientelpolitik.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich will Ihnen das an einem Punkt deutlich machen, der für den Bundeshaushalt mittlerweile große Bedeutung hat: Das ist der Gesundheitsbereich. Sie senken die Steuern für wenige. Die oberen 50 Prozent zahlen fast das gesamte Steueraufkommen, weil die anderen 50 Prozent fast nichts haben. Wer die Einkommensteuer, wer die Lohnsteuer senkt, begünstigt also wenige. Sie erhöhen hingegen die Sozialabgaben, die alle zahlen müssen. Dies gilt auch für den Arbeitslosenversicherungsbeitrag; das sagen Sie nur heute noch nicht. Aber ich gebe dem Bundesfinanzminister gern Gelegenheit, vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen hier zu sagen, dass er in diesem Jahr und in dieser Legislaturperiode nicht am Arbeitslosenversicherungsbeitrag rütteln wird und dass dieser Beitrag nicht über das verabredete Maß hinaus erhöht wird.

(Beifall bei der SPD)

Dies hat ja der Kollege Friedrich hier für die CSU-Landesgruppe bestätigt.

Herr Bundesfinanzminister, ich frage Sie: Können Sie dies ausschließen, oder sehen Sie in der Erhöhung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags die Sparbüchse, mit der Sie im Kern die Konsolidierung erbringen wollen? Dies bedeutete aber, dass Sie Binnennachfrage schwächen, weil der Arbeitslosenversicherungsbeitrag natürlich von jedem Arbeitnehmer gezahlt wird, und zwar vor allem von denjenigen, die am wenigsten verdienen, da es hier keine Progression gibt. Geringverdiener werden belastet, Spitzenverdiener werden entlastet. Das ist Ihre Politik.

(Beifall bei der SPD)

Sie ist nicht nur unter Verteilungsgesichtspunkten äußerst kritisch. Sie ist auch ökonomisch unsinnig, weil Sie bei einer schwächelnden Binnennachfrage gerade im unteren Einkommensbereich eine Entlastung, ein höheres verfügbares Einkommen stimulieren müssen, anstatt den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.

(Ulrike Flach (FDP): Das tun Sie doch selber!)

Was wir im Gesundheitsbereich lesen müssen, geht ebenfalls in diese Richtung. Herr Minister Rösler, dass jemand, wenn er neu ins Amt kommt, zu Beginn nicht gleich sagen kann und will, was er wirklich machen wird, sei Ihnen unbenommen. Aber die ersten Entscheidungen, die hier getroffen werden, sind nicht im Sinne der 90 Prozent gesetzlich Versicherten. Sie sind klipp und klar ausschließlich im Interesse der 10 Prozent Privatversicherten und vor allen Dingen der Versicherungen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn jetzt der Zusatzbeitrag kommen wird ? die Krankenkassen haben dies angekündigt ?, dann denkt man doch: Zwar haben wir diese Möglichkeit geschaffen ? das stimmt ?, aber wäre Ulla Schmidt noch Gesundheitsministerin,

(Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP): Oh, Ulla Schmidt!)

hätte sie als Erstes ein Sparprogramm auf der Ausgabenseite aufgelegt. Aber das betrifft ja Ihre Klientel. Die einzigen Maßnahmen, die Sie verabredet haben, sind vollkommen gegen den Wettbewerb: Sie wollen die Apotheker schützen, Sie wollen nicht mehr, dass die Menschen billiger zu ihren Arzneimitteln kommen, und Sie haben den Mann, der für die Qualität und die Kontrolle im Pharmabereich ? ein größerer Bereich als der Rüstungsbereich im Übrigen und viel lobbyanfälliger ? zuständig und in der Fachwelt anerkannt ist, angeschossen

(Jörg van Essen (FDP): Er hat sich doch selbst angeschossen!)

und wollen seinen Vertrag nicht mehr verlängern. Weil Sie die Interessen der Pharmaindustrie durchsetzen wollen, können Sie dort niemanden gebrauchen, der kritisch reinguckt. Dies ist nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, man kann nur verunsichert aus dieser Debatte gehen: verunsichert darüber, wie es in diesem Land weitergehen soll, verunsichert darüber, ob finanzielle Stabilität noch ein Wert ist, und verunsichert darüber, ob die Mehrbelastungen in der Bevölkerung nicht zu einem noch stärkeren Attentismus im Wirtschaftsbereich führen, was noch höhere Arbeitslosigkeit zur Folge hätte, wodurch letztendlich diese schwierige Situation noch mehr verschlimmert würde. Herr Schäuble, Sie haben die Gelegenheit, dies auszuräumen, insbesondere was den Arbeitslosenversicherungsbeitrag betrifft. Ein paar konkrete Zahlen wären heute sicherlich angebracht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

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Der Bundeshaushalt 2010 wurde in dieser Woche in erster Lesung im Deutschen Bundestag beraten. In diesem Jahr sollen Ausgaben in Höhe von insgesamt 325,4 Milliarden Euro zu rund einem Viertel aus neuen Schulden finanziert werden. Damit ist die Nettokreditaufnahme so hoch wie niemals zuvor.

Carsten Schneider, SPD-Bundestagsabgeordneter für Erfurt und Weimar, kritisiert das Bundesfinanzministerium für die Höhe der Schuldenaufnahme: „Da sich die Wirtschaft in 2009 besser als ursprünglich prognostiziert entwickelt hat, musste der Bund weniger Schulden aufnehmen. Deswegen hätte die geplante Neuverschuldung in 2010 um rund 10 Milliarden Euro niedriger ausfallen können. Stattdessen hat Schwarz-Gelb aber Klientelpolitik betrieben.“

„Weder der Bundesfinanzminister noch einer seiner Ministerkollegen hat in dieser Woche auch nur mit einer Silbe dargelegt, wo zukünftig gespart werden soll. Es müssen endlich konkrete Vorstellungen auf den Tisch, an welchen Stellen weniger ausgegeben werden soll und aus welchen Quellen die notwendigen Einnahmen kommen sollen“, so Schneider weiter, der auch haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist.

Aber die schwarz-gelbe Koalition vertagt ihre Steuerschätzung auf die Zeit nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai: „Es wäre keine Überraschung, wenn die Bundesregierung anschließend als eine der ersten Maßnahmen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland stärker belastet, indem sie den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung deutlich erhöht“, befürchtet Schneider.

Und als ob dies nicht schon alarmierend genug wäre, plant Schwarz-Gelb unsinnige Änderungen am Konjunkturpaket II. Bisher können die Länder und Kommunen die Konjunkturmittel des Bundes nur für zusätzliche Investitionen einsetzen, die sie nicht bereits in ihren Haushalten geplant hatten. Dieses Zusätzlichkeitserfordernis soll wegfallen. „Dies würde dem Konjunkturpaket seinen Wachstumsimpuls nehmen“, kritisiert Schneider.

Aus dem Bundesanteil zum kommunalen Investitionsprogramm in Höhe von 10 Milliarden Euro sind bisher nur 10 Prozent abgeflossen. Ländern und Kommunen könnten also über 9 Milliarden Euro frei verfügen. „Wenn die Zusätzlichkeit tatsächlich wegfiele, hätte sich der Bundesfinanzminister von den Ländern über den Tisch ziehen lassen und müsste die erste schwere Niederlage seiner Amtszeit hinnehmen“, so Schneider.