Carsten Schneider sieht Chancen für weniger Staatsschulden zum Beispiel durch die Anhebung des Spitzensteuersatzes.

Wolfgang Suckert: Der Finanzminister sagt selbst, der Haushalt ertrinke in Schulden…

Carsten Schneider: …es sind eindeutig zu viele. Der 2011er Bundesetat ist von zwei Dingen geprägt: Einerseits der sozialen Unausgewogenheit. Kürzungen sind einzig und allein bei den Schwächsten der Gesellschaft, den Arbeitslosen vollzogen worden, während es keinen Beitrag der Besserverdienenden durch einen höheren Spitzensteuersatz gibt. Zum anderen ist die Höhe der Kreditaufnahme niedriger als noch zur Jahresmitte prognostiziert. Das hat aber einzig und allein mit der besseren Konjunktur zu tun. Die Neuverschuldung von 48 Milliarden Euro ist eindeutig zu hoch.

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Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion fordert Regeln für in Not geratene Finanzhäuser – etwa Enteignungsgesetze und ein Insolvenzrecht für Banken.

Marcus Pindur: Teuer wird sie, sehr teuer: die Bankenrettung – das ist bislang klar. Heute verkündet die Hypo Real Estate ihre Halbjahreszahlen, und je nachdem, wie die ausfallen, wissen wir dann auch, wann sie ihr geliehenes Geld an den Finanzmarktstabilisierungsfonds, den sogenannten SoFFin wird zurückzahlen können. Vieles andere liegt bei der Bankenrettung aber noch im Nebel. Braucht man den SoFFin noch länger, für eventuelle nächste Finanzkrisen? Nicht alle Banken brauchten Hilfe, aber nur wenige kamen so unbeschadet heraus wie die Deutsche Bank zum Beispiel.

Ich begrüße jetzt am Telefon Carsten Schneider, Finanzexperte der SPD-Fraktion und Mitglied in dem Bundestagsgremium, das den Finanzmarktstabilisierungsfonds kontrolliert. Guten Morgen, Herr Schneider!

Carsten Schneider: Guten Morgen, ich grüße Sie!

Pindur: Bleiben wir noch mal kurz bei der HRE, die der Kollege Braun eben angesprochen hat. Sie ist voll verstaatlicht, sie hat den SoFFin im vergangenen Jahr bereits Kosten in Milliardenhöhe verursacht, sehen Sie da denn überhaupt Licht am Ende des Tunnels?

Schneider: Ja, man muss sich fragen, ob man die HRE als Bank in Deutschland überhaupt noch braucht, und ich komme da zu einem eindeutigen Urteil: Wir brauchen diese Bank nicht mehr. Wir haben in Deutschland eh die Situation, dass wir eigentlich zu viele Banken haben, die relativ geringe Margen ja nur verdienen und sich deswegen in riskante Geschäfte gestürzt haben. Und die HRE musste verstaatlicht werden, weil sie ein so großes Institut war, das man hätte nicht in die Pleite lassen gehen können, jedenfalls nicht nach dem derzeitigen Gesetz, damaligen Gesetzeslage.

Und jetzt laufen die Verluste auf – das ist mittlerweile ein normaler Prozess -, und diese Verluste werden mit Sicherheit nicht weniger werden. Ich kann Ihnen heute nicht sagen, was im Endeffekt nach Auslaufen aller Wertpapiere und Verbindlichkeiten, die die Bank hat, da für eine Zahl steht als Verlust oder als Belastung für den Steuerzahler – es wird eine sein. Und darüber hinaus, finde ich, muss sie keine Fortentwicklungsperspektive haben, sondern können da ganz einfach abgewickelt werden. Die Regierung hat das allerdings anders entschieden.

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Friedemann Weckbach-Mara: Die Bundesregierung hat ein konkretes Sparpaket über 80 Milliarden Euro vorgelegt. Wann kommt von der SPD mehr als das übliche Nein?

Carsten Schneider: Die SPD bekennt sich zur Schuldenbremse und dem Kurs der Konsolidierung. Wir stehen zum Abbau der Neuverschuldung auf maximal zehn Milliarden Euro im Jahre 2016. Das sind wir den nächsten Generationen schuldig. Im Herbst wird die SPD ihr detailliertes Gegenkonzept zum Sparprogramm der Regierung in die parlamentarische Beratung einbringen.

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SPD-Haushaltsexperte Schneider lässt im Interview mit n-tv.de kein gutes Haar am schwarz-gelben Sparpaket. Es sei unsozial und treffe die Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft. Er kündigt an, dass die SPD im Parlament und auf der Straße den Widerstand mobilisieren werde.

n-tv.de: Die Bundesregierung hat ein umfassendes Sparpaket von rund 80 Milliarden Euro bis 2014 vorgelegt. Gekürzt wird bei Subventionen, Sozialleistungen und etwa auch bei der Energiewirtschaft. Ist das der richtige Weg in wirtschaftlich schweren Zeiten?

Carsten Schneider: Wenn es denn so wäre. Natürlich brauchen wir eine Rückführung des öffentlichen Defizits bei Bund, Ländern und Kommunen. Aber es muss zum einen ökonomisch sinnvoll sein und darf die Konjunktur nicht abwürgen. Zum anderen muss politisch das Augenmaß gewahrt bleiben. Ich kann in dem nun beschlossenen Paket keine nennenswerten Subventionskürzungen erkennen, die Wohnungsbauprämie spielt etwa auch keine Rolle mehr. Der einzige Bereich ist die Kürzung der Energiesteuerermäßigung, wo allerdings auch nicht näher erläutert wird, wie sie genau aussehen soll. Dem stehen als Hauptteil die Einsparungen im Sozialbereich gegenüber. Dabei ist es nicht wirklich sicher, ob die Kürzungen auch tatsächlich zu Einsparungen führen werden. Wenn Sie nämlich den Hartz-IV-Empfängern keine Rentenversicherungsbeiträge mehr bezahlen, führt das einmal zu Altersarmut, und zum anderen fehlt in der Rentenkasse dann das Geld. Sie stopfen also ein Loch und machen an anderer Stelle ein neues auf. Und auch bei den Kürzungen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist noch unklar, ob das wirklich zu Effizienzgewinnen führen wird. Von daher sind das keine harten Einsparungen und für 2014 werden sogar globale Minderausgaben und Scheinansätze wie die Wehrreform berücksichtigt. Da ist also auf Zeit gespielt und keine reale Antwort gegeben worden.

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Die SPD will sich heute bei der Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm enthalten – angesichts einer schwarz-gelben Mehrheit ein symbolischer Schritt. Grund für die Enthaltung: Die SPD will eine bindende Zusage der Kanzlerin für eine Finanztransaktionssteuer – unabhängig von der Euro-Rettung.

Sandra Schulz: Anfang Juni will das Kabinett in Meseberg vertieft in die Spardebatte einsteigen. Erste Pflöcke hat Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) jetzt aber schon eingeschlagen. Insgesamt erwartet er von den Ministerien Einsparungen von bis zu drei Milliarden Euro. Die höchsten absoluten Sparbeträge erwartet er einem Schreiben aus seinem Ministerium zufolge vom Verteidigungsministerium mit mehr als 1,3 Milliarden Euro und vom Verkehrsministerium mit mehr als 620 Millionen Euro. Drastisch gekürzt würde gemessen am bisherigen Etat-Volumen aber auch beim Auswärtigen Amt sowie im Umweltbereich. Dagegen bleiben die Sparforderungen an die Ressorts für Arbeit und Soziales sowie für Gesundheit zunächst vergleichsweise gering. – Darüber hat mein Kollege Tobias Armbrüster mit dem SPD-Haushaltsexperten Carsten Schneider gesprochen. Zuerst hat er ihn gefragt, ob die Strategie der Bundesregierung richtig sei, den Rotstift in einzelnen Ressorts anzusetzen.

Carsten Schneider: Na ja, es ist jetzt mal wenigstens irgendwie etwas erkennbar. Bisher ist die Bundesregierung ja jede Antwort schuldig geblieben, wie sie denn den Haushalt wieder ausgleichen will. Bis 2016 müssen über 60 Milliarden Euro gespart werden, oder mehr eingenommen werden, und bis zur NRW-Wahl – man kann das ja so klar sagen – hat sie sich gewehrt mit Händen und Füßen, irgendetwas klares zu sagen, und danach kam Herr Koch. Von daher ist es mal ein Anfang einer Strategie, wobei ich noch nicht so richtig weiß, wo sie hinführt, ob sie in Ausgabenkürzungen, oder in Einnahmeerhöhungen führt.

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Griechenland sei auf einem guten Weg, sagt Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD, hinsichtlich des Sanierungskurses des Landes. Er kann sich gut vorstellen, dass der IWF dabei unterstützt und mahnt Reformen an, um künftig solche finanziellen Schieflagen von Beitrittsländern zu vermeiden.

Gerd Breker: Wenn Not erfinderisch macht, dann macht große Not offenbar besonders erfinderisch. Die hohe Verschuldung Griechenlands gefährdet die Stabilität des Euro, und die Sorgen der Staaten der Euro-Zone sind offenbar groß, dass Griechenland durch eigene Sparmaßnahmen es nicht schaffen wird, das Defizit ausreichend abzubauen. Mit der frisch platzierten Anleihe ist zwar etwas Zeit gekauft, aber das Problem beileibe noch nicht gelöst. Der jüngste Gedanke, der immer mehr Anhänger zu gewinnen scheint, besteht darin, eine Art europäischen IWF zu gründen, der Internationale Währungsfonds speziell für die Euro-Zone. Am Telefon bin ich nun verbunden mit Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD. Guten Tag, Herr Schneider.

Carsten Schneider: Guten Tag! Ich grüße Sie.

Breker: Herr Schneider, es gibt doch den Internationalen Währungsfonds. Der ist doch eigentlich zuständig. Wozu braucht es da eine Extraversion für die Euro-Zone?

Schneider: Für mich ist ziemlich klar, dass der IWF hier im Falle Griechenlands genauso helfen kann, wie er auch in Ungarn oder im Baltikum oder in Argentinien geholfen hat. Dafür haben wir uns dort auch beteiligt, noch mal das Volumen insgesamt auf 750 Milliarden Dollar erhöht, das ausgegeben werden kann, und für den Euro-Raum gilt das genauso. Wenn Herr Schäuble jetzt vorgeschlagen hat, da was Ähnliches aufzubauen, dann muss es schon andere Kompetenzen noch haben. Dann müssten mir die aber bekannt sein, die kenne ich bisher nicht.

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Michael Klein: Die Bundesregierung will in diesem Jahr 85,8 Milliarden Euro neue Schulden machen. Gibt es dazu wirklich keine Alternative?

Carsten Schneider: Der größte Teil der Verschuldung geht auf die Finanz- und Wirtschaftskrise zurück. Wenn allerdings noch die SPD den Finanzminister stellen würde, wäre die Neuverschuldung mindestens um 10 Milliarden Euro niedriger, weil durch den etwas günstigeren Wirtschaftsverlauf 2009 die Steuereinnahmen nicht ganz so stark eingebrochen und bestimmte Ausgaben unter den Ansätzen geblieben sind. Die Gründe für diesen Verlauf liegen beim Kurzarbeitergeld und den Konjunkturpaketen der Vorgängerkoalition, die von der SPD initiiert wurden.

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Die Skandalbank Hypo Real Estate ist für den Steuerzahler ein Fass ohne Boden. SPD-Finanzexperte Schneider befürchtet das Schlimmste – und will reinen Tisch machen.

Ansgar Siemens: Die Hypo Real Estate (HRE) will sich von Altlasten trennen und hat eine gigantische Bad Bank beantragt. Ein Befreiungsschlag?

Carsten Schneider: Es ist zwingend notwendig, dass die Bank ihr Geschäft verkleinert. Dafür ist die Bad Bank das passende Modell.

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Zehn Milliarden Euro weniger Schulden hätte eine Bundesregierung mit SPD-Beteiligung gemacht, sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Carsten Schneider. Die Steuersenkungen von Schwarz-Gelb für eine bestimmte Klientel seien absurd und nur ein scheinbares Wachstumspaket.

Dirk Müller: Logisch wäre es irgendwie allemal, wenn die Regierung die Steuerbelastung zurückfährt, obwohl sie kein Geld hat, und deshalb die Stellschrauben anderswo anzieht, nämlich bei den Sozialabgaben. Die Haushaltslage ist derart desolat, dass man sich ernsthaft Sorgen machen muss darüber, wo das Geld herkommen soll, woher man das Geld auch nehmen kann. Logisch also wäre es, aber politisch nicht nur umstritten, sondern, wie die Kritiker sagen, höchst kontraproduktiv. Deshalb sagt und fordert die schwarz-gelbe Koalition, Schluss mit der Diskussion über höhere Abgaben. Doch die Diskussion geht munter weiter.

Das darf doch alles nicht wahr sein, sagen die Sozialdemokraten, und Carsten Schneider, der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, ist jetzt bei uns am Telefon. Guten Tag!

Carsten Schneider: Guten Tag, Herr Müller.

Müller: Das darf alles nicht wahr sein, sagen Sie, weil Sie zaubern könnten?

Schneider: Nein. Wir hätten schon zu Beginn einer Koalition klar Schiff gemacht und gesagt, was Sache ist. Das heißt, erst mal gucken, was ist, und dann gucken, was man machen kann. Diese Koalition hat drei Wochen Flitterwochen gemacht, ohne sich festzulegen, erstens was sind die Prioritäten, was sind die Prosperitäten, und zweitens wie ist überhaupt die Lage, und die ist sehr schlecht, was die öffentlichen Finanzen betrifft.

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