Die Alternative zu einer gemeinschaftlichen Haftung in Europa, sei eine Abwicklung des Euro und eine Renationalisierung, sagt Carsten Schneider. Es sei deshalb sinnvoll, die nationale Souveränität über die Haushaltspolitik ein Stück weit an die EU zu übertragen, ergänzt der haushaltspolitische Sprecher der SPD.

Bettina Klein: Und am Telefon begrüße ich Carsten Schneider von der SPD, er ist haushaltspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion. Guten Morgen, Herr Schneider!

Carsten Schneider: Guten Morgen, Frau Klein!

Klein: Ja, was glauben Sie, wenn wir die Äußerung von Herrn Döring gerade aufnehmen, wie viel Erfolg werden Sie haben bei den deutschen Wählern, die dann in einer Volksabstimmung über eine Haftungsgemeinschaft in Europa entscheiden sollen?

Schneider: Ja, es gibt eine klare Entscheidungsgrundlage, um die sich ja die Regierung bisher drum herumdrückt: Entweder bleibt es bei Europa, das sich den Märkten gegenüberstellt, dann aber auch solidarisch füreinander einsteht – das bedeutet, darüber muss der Bundestag und am Ende eine Volksabstimmung geben -, oder wir machen eine Rückabwicklung des Euro und machen eine Renationalisierung der gesamten Politik in Europa.

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Frank Feldmeier: Wie schwer ist es Ihnen gefallen, als haushaltspolitischer Sprecher die Euro-Krise an der Playa de Palma zu erklären?

Carsten Schneider: Gar nicht, das mache ich ja den ganzen Tag bei zahlreichen Terminen. Das ist mein täglich Brot.

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Es gelte einen Rahmen zu schaffen, um die Eurozone zu schützen, fordert Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Die Erklärung von Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande, den Euro unter allen Umständen abzusichern, begrüßt Schneider.

Burkhard Birke: Eine wieder mal turbulente Finanzwoche liegt hinter uns. Die Kurse an den Börsen, die Zinsen für spanische und italienische Anleihen fuhren Achterbahn. Bedachte und unbedachte Worte von Politikern, Funktionsträgern, Ratingagenturen, Wirtschaftsexperten und Bankern trugen das Ihre zu den Spekulationen, zur Beunruhigung und zur Beruhigung der Märkte bei.

Deutschlands hervorragende Kreditwürdigkeitseinstufung des Triple-A, des dreifachen A, ist in Gefahr. Und hier noch ein Zitat aus der Woche: „Europa schlafwandelt in Richtung eines Desasters von unkalkulierbarem Ausmaß“ hieß es in einem Brandbrief von knapp eineinhalb Dutzend renommierten Ökonomen. Jedes Wort wird also buchstäblich auf die Goldwaage gelegt. Wir werfen heute die Äußerungen von Carsten Schneider in die Waagschale.

Carsten Schneider ist Bundestagsabgeordneter für die Sozialdemokraten und haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Offiziell befindet sich Carsten Schneider im Urlaub, hat diesen aber für uns unterbrochen. Ich begrüße Sie recht herzlich im Studio.

Carsten Schneider: Vielen Dank für die Einladung.

Birke: Herr Schneider, fuhren Ihre Gefühle diese Woche auch ein wenig Achterbahn?

Schneider: Ja, es war schon sehr aufregend, wenn man sich überlegt, dass die Woche gestartet ist für mich mit Urlaub, bissel Heimarbeit, bissel Aufräumen, mit den Kindern ein bisschen spielen hatte ich mir vorgenommen, und dann ging das los Sonntagabend mit Herrn Rösler, mit den Äußerungen zu Griechenland, dass es mehr oder weniger aus dem EURO ausscheiden könne, das sei kein Problem.

Dann kam die Herabstufung oder der negative Ausblick von Moody’s zu Deutschland und Europa. Und das kulminierte dann am Donnerstag mit der Rede von Herrn Draghi in London, dass die EZB den Euro um jeden Preis sichern würde. – So habe ich das zumindest interpretiert. Und auch da nur ein kurzes Crossfeuerwerk und danach wieder die Ernüchterung, so wie wir das über die vergangenen Jahre kennen.

Und jetzt, das, was ich für notwendig gehalten habe, gestern die Pressemitteilung von Frau Merkel und Herrn Hollande aus dem Urlaub, alles zu tun, dass der Euro zusammenbleibt, das ist das erste Mal ein klares Bekenntnis, wie ich es bisher von der Bundeskanzlerin nicht gekannt und vermisst habe – unkonditioniert. Und ich glaube, es ist notwendig, weil, wir stehen tatsächlich am Rande der Bergklippe. Und es ist gut möglich, dass der Euro drüber rollt.

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Thüringer Allgemeine: Was gibt es für Bundesprogramme zur Bildung im Alter? Welche sind angedacht?

Carsten Schneider: Zunächst existiert auf europäischer Ebene das Programm „Lebenslanges Lernen“, das bis 2013 hauptsächlich dem grenzüberschreitenden Lernen gewidmet ist. Darüber können ältere Menschen etwa europäische Sprachen lernen, auch mehrtägige Kurse und Praktika im europäischen Ausland absolvieren. Auf Bundesebene gab es bis zum Jahr 2006 das sehr erfolgreiche Programm „Erfahrungswissen für Initiativen“, worüber 1000 sogenannte „Senior-Trainer“ ausgebildet wurden, auch in Erfurt über die Volkshochschule. Sie übernahmen gut qualifiziert ehrenamtliche Aufgaben in Vereinen, Verbänden und Kommunen. Im Moment aber ist mir nichts Vergleichbares bekannt.

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Wolfgang Suckert: Eine Frage vorab: Ist die von Thilo Sarrazin verwendete Zahl von 1500 Milliarden Euro Transferzahlungen von West- nach Ostdeutschland korrekt?

Carsten Schneider: Bei diesen Rechnungen gehen Kraut und Rüben durcheinander und ich halte davon relativ wenig. Neben den Investitionen kamen ja auch noch Zahlungen dazu, die jedem Bundesbürger, wie die Renten, gesetzlich zustehen. Auch könnte man den Verlust durch die Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte aus dem Osten einbeziehen. Eine solche Rechnung macht keinen Sinn.

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Tino Nowitzki: Herr Schneider, werden Sie dem zweiten Hilfspaket für Griechenland zustimmen?

Carsten Schneider: Ja.

Nowitzki: Was sagen Sie zu Kritikern, wie den CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, die meinen, noch mehr Geld für Griechenland aus dem deutschen Steuertopf könne man vor künftigen Generationen nicht verantworten?

Schneider: Der Fehler liegt in der ersten Entscheidung zu den Griechenland-Hilfspaketen von 2010. Sie haben dazu geführt, dass wir und die EZB – für die wir auch haften – Hauptgläubiger Griechenlands sind. Jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen. Wer nun, wie Wolfgang Bosbach, fordert, den Stöpsel zu ziehen, vergisst, dass wir einer der Hauptleidtragenden sein werden. Das halte ich für die wirtschaftlich schlechtere Lösung. Richtig ist, den privaten Sektor zu beteiligen und den Griechen wirtschaftliche Entwicklungschancen zu bieten, statt ihnen fiskalisch den Hals zuzudrücken.

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Die Einigung der Finanzminister der Euro-Länder über ein zweites Rettungspaket für Griechenland begrüßt der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Carsten Schneider geht davon aus, dass seine Partei dem Paket im Bundestag zustimmen wird. Jetzt müsse man den Griechen aber helfen, durch Investitionen wieder auf die Füße zu kommen.

Peter Kapern: Und mitgehört hat Carsten Schneider, der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Morgen, Herr Schneider!

Carsten Schneider: Morgen, Herr Kapern, grüße Sie!

Kapern: Herr Schneider, ist das ein gutes Ergebnis?

Schneider: Ja, es kommt zwar spät, aber das, was ich jetzt an harten Fakten gehört habe, ist das, was maximal herausholbar war sowohl von griechischer Seite als auch insbesondere, was die Gläubiger betrifft, die ehemaligen Gläubiger, die ja nun dieses neue Angebot annehmen sollen. Ich sage mal so: Aus der jetzigen Sicht heraus ist das das Maximale. Ob es dauerhaft dazu helfen wird, dass Griechenland wieder an den Kapitalmarkt kommt, so wie Frau Lagarde das eben im Statement gesagt hat, da, glaube ich, muss man noch mal ein Fragezeichen machen. Wir müssen den Griechen jetzt auch helfen, dass sie wieder auf die Füße kommen. Denn die Programme, die sie machen, diese Sparmaßnahmen, sind mit deutschen Sparmaßnahmen überhaupt nicht zu vergleichen, das ist viel, viel härter und anstrengender. Und sie brauchen auch wieder eine Perspektive für Wirtschaftswachstum und dazu habe ich leider noch nichts gehört.

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Der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider hat die Sorge geäußert, dass das Erfolgsmodell der EU an wirtschaftlichen Fragen zerbrechen könnte. Deshalb stimmten die Sozialdemokraten den Hilfen für Irland zu. Klug wäre es auch gewesen, wenn Portugal bereits den finanziellen Rettungsschirm der EU in Anspruch genommen hätte.

Friedbert Meurer: Im Deutschen Bundestag haben gestern Abend alle Fraktionen des Parlaments im Haushaltsausschuss dem Plan ihre Zustimmung erteilt. Der Republik Irland sollen mit Unterstützung Deutschlands insgesamt 85 Milliarden Euro an Krediten angeboten werden, um die Insel aus ihrer Schuldenkrise herauszuholen. Umfragen zufolge ist im Land die Stimmung allerdings ganz anders verteilt als im Bundestag. Viele Deutsche glauben, wir würden hier als Zahlmeister missbraucht. Das Argument der Politik und der Experten dagegen lautet, es geht um den Euro und von dem profitiere doch gerade Export-Europameister Deutschland.
Mitglied im Haushaltsausschuss ist für die SPD als haushaltspolitischer Sprecher Carsten Schneider, und mit ihm sind wir jetzt in Berlin verbunden. Guten Tag, Herr Schneider.

Carsten Schneider: Hallo, Herr Meurer.

Meurer: Wenn Sie als Abgeordneter in Ihrem Wahlkreis in Erfurt die Frage beantworten sollen, warum stimmt ihr für so viel Geld für Irland, was sagen Sie dann?

Schneider: Ja, weil wir in der gesamten Euro-Zone eine sehr schwierige Situation haben mit den Refinanzierungen der Staaten, der Schuldenfinanzierung, und die Frage steht, ob die Euro-Zone und die Mitgliedsstaaten, also Irland, Griechenland, dauerhaft noch ohne unsere Bürgschaften in der Lage sind, am leben zu bleiben. Wenn das nicht der Fall sein sollte, bedeutet das ein Ausstieg aus der Europäischen Union, und ich habe die Sorge, dass dieses Erfolgsmodell, dieses vor allen Dingen friedliche Erfolgsmodell an dieser wirtschaftlichen Frage zerbrechen könnte mit auch ungeahnten Folgen für unsere Ökonomie, und deswegen stimmen wir den Hilfen, den Krediten für Irland zu.

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Mit dem Parteitag, der am Sonntag in Berlin beginnt, will die SPD die Weichen für den erhofften Machtwechsel 2012 stellen. Unter anderem steht das neue Steuer- und Finanzkonzept zur Diskussion, das eine Kommission unter Leitung des haushaltspolitischen Sprechers der Bundestagsfraktion, Carsten Schneider (35), erarbeitet hat und an dem Peer Steinbrück maßgeblich mitwirkte. Im B.Z.-am-Sonntag-Interview erläutert Schneider die Pläne.

Ulrike Ruppel: Herr Schneider, mit dem Namen Steinbrück sind wir ganz schnell bei der K-Frage. Wird sie den Parteitag bestimmen?

Carsten Schneider: Das nicht, aber natürlich steht das im Raum. Man schaut sich die Redner an, man schaut sich ihre Platzierung an… Ich finde es ja sehr gut, dass wir eine Auswahl haben. Zumal die drei vom Naturell her höchst unterschiedlich sind.

 

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