Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Fall Zypern zeigt, dass wir es bei der als Euro-Krise beschriebenen Situation im Euro-Raum nicht mit einer Krise der Währung zu tun haben, Herr Schäffler, sondern mit einem überbordenden und unkontrollierten Bankensystem, das die Gefahr birgt, Staaten und Staatsfinanzen und damit im schlimmsten Fall unser Währungssystem zu Fall zu bringen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Programm, das wir heute für Zypern verabschieden, ist Ausdruck eines Paradigmenwechsels, den wir Sozialdemokraten gefordert haben und deswegen jetzt auch unterstützen. Der Paradigmenwechsel bedeutet, dass die Privatgläubiger, die Risiken eingegangen sind, indem sie einem Offshorefinanzplatz, wo man wenig Steuern zahlt und sein Geldvermögen geheim halten kann, Geld anvertraut haben, und diejenigen, die Aktionäre dieser beiden Banken waren, aber auch Einleger – ich will Ihnen sagen: Aus meinem Wahlkreis war das keiner, so reich sind die Leute bei mir in Erfurt nicht; aber es muss wohl welche geben, die dort Einlagen hatten ? jetzt die Hauptzeche für die Lasten zahlen, die durch diese Krise entstanden sind, das ist richtig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Schäuble, diesen Paradigmenwechsel hätten Sie, auf Deutsch gesagt, fast noch versaut. Das war der Fehler, den Sie mit Ihren Kollegen gemacht haben. Sie und die Bundeskanzlerin haben uns hier empfohlen, einer Beteiligung der Kleinsparer an der Sanierung der Banken zuzustimmen. Das war ein großer ökonomischer und politischer Fehler, der zu einer tiefen Verunsicherung geführt hat.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, es wird gerade in den südeuropäischen Ländern schwer sein, wieder Vertrauen aufzubauen. Nichtsdestotrotz ist das jetzt vorliegende Paket, insbesondere, was die Gläubigerbeteiligung betrifft, richtig.

Herr Meister, Sie haben wieder die Mär vorgetragen, die Sozialdemokraten wären für eine Vergemeinschaftung der Schulden. Sorry, das ist nicht der Fall. Dass Sie das so gesagt haben, kann nur daran liegen, dass Sie jetzt einen Punchingball brauchen wegen der Abspaltung eines Teils Ihres rechten Flügels, der Alternative für Deutschland. Wenn Sie dem Kollegen Schäffler zugehört haben, haben Sie mitbekommen, dass er auch über die EZB gesprochen hat. Ich teile nicht jede seiner Einschätzungen dazu, vor allen Dingen nicht seine Schlussfolgerung, aber dass wir über die Europäische Zentralbank schon längst in einer Haftungsgemeinschaft sind, ist doch Fakt. Das ist Fakt, Herr Meister.

(Petra Merkel (Berlin) (SPD): Na klar! Natürlich! Sicher! Klar! Das weiß er ja auch!)

Präsident Dr. Norbert Lammert:

Lieber Kollege Schneider, darf der Kollege Fricke eine Zwischenfrage stellen?

– Bitte schön.

Otto Fricke (FDP):

Herr Kollege Schneider, ich glaube, es wurde weder vom Kollegen Meister noch von mir bestritten, dass es eine anteilige Haftung in Europa gibt.

(Zurufe von der SPD: Ah!)

Das ist Teil der europäischen Verantwortung. Weil Sie auf diesem Gebiet ein ausgewiesener Experte sind, wissen Sie genauso gut wie ich, dass das nie ein Streitpunkt war.

Weil Sie gesagt haben, die SPD sei nicht für eine Vergemeinschaftung von Schulden und der Kollege Steinmeier eben heftig widersprochen hat und ich eine solche Sache gerne geklärt habe, damit sie vom Tisch ist, will ich die Gelegenheit nutzen, Sie Folgendes zu fragen: Sagen Sie hiermit, dass die SPD gegen eine Vergemeinschaftung von Schulden im Sinne einer gesamthänderischen Haftung ist? Sind Sie in der Lage – darauf bezog sich der Widerspruch –,

(Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD): Nein! Das ist schon wieder falsch!)

hier zu sagen: „Die SPD wird einer Vergemeinschaftung von Bankenrettungsfonds nicht zustimmen“?

Carsten Schneider (Erfurt) (SPD):

Es ist gut, dass Sie das ansprechen, Herr Kollege Fricke. Das gibt mir Gelegenheit, meine Redezeit zu verlängern.

(Otto Fricke (FDP): Das soll es ja auch!)

Erstens. Die deutsche Verfassung, das Grundgesetz ist eindeutig. Wir können keine gesamtschuldnerische Haftung für die Schulden anderer Staaten der Euro-Zone übernehmen – Punkt. Das ist im Grundgesetz normiert, und das teilen wir als Sozialdemokraten. Wir sind der Auffassung, dass wir die Währungsunion auch um eine echte Fiskalpolitik erweitern müssen. Das bedeutet vor allen Dingen eine stärkere Vereinheitlichung im Bereich der Steuerpolitik, zum Beispiel, dass es nicht länger Dumpingsteuersätze quer durch Europa gibt. Vor allen Dingen bedeutet das aber, dass wir Kontrolle über die Haushalte anderer Mitgliedstaaten bekommen, nicht wir als Bundestag, sondern etwa eine europäische Behörde. Aber das ist Zukunftsmusik. Das ist im Übrigen das, was auch der Bundesfinanzminister zu einer Verstärkung und Erweiterung der Währungsunion zu einer Fiskalunion sagte. Es ist ein Fehler gewesen, den Euro als Währung ohne eine gemeinsame Steuer-, Finanz- und Haushaltspolitik in die Welt zu setzen. Darunter leiden wir heute. Diesen Fehler müssen wir langfristig korrigieren.

Jetzt komme ich zum zweiten Teil der Frage, zur Frage der Vergemeinschaftung der Banken. Das ist ein ganz wichtiger und zentraler Punkt. Sie sind dafür, dass es auf europäischer Ebene eine gemeinsame Bankenaufsicht gibt. Das ist richtig. Dazu gehört aber auch – dem hat die Bundeskanzlerin auf zwei Gipfeln zugestimmt; ich denke, dafür hat sie Ihre Unterstützung –,

(Otto Fricke (FDP): Aber mich interessiert Ihre Meinung!)

dass der Teufelskreis bzw. die Verbindung zwischen Staatsfinanzen und Bankenbilanzen durchbrochen wird. Was bedeutet das? Wenn wie in Zypern das Bankensystem in einem Staat kollabiert, zieht es die Staatsfinanzen, weil die Staatsschuldenlast anwächst, weil wie in Irland oder Spanien geschehen, die Schulden vom Staat übernommen werden müssen. Letztendlich ist dann auch das Land in Finanzierungsschwierigkeiten und hat keinen Zugang mehr zum Kapitalmarkt. Dieser Teufelskreis muss durchbrochen werden. Das ist zwingend notwendig. Das ist im Übrigen einer der Schlüssel, um die Euro-Krise zu überwinden und die Wachstumsaussichten der südlichen Peripherie wieder zu stärken.

(Otto Fricke (FDP): Die Antwort fehlt immer noch!)

Denn deren Banken sind unterkapitalisiert; sie haben zu viele Verluste in den Bilanzen und können deswegen keine Kredite mehr vergeben.

Was ist die Antwort darauf? Die Antwort ist nicht ein nationaler Abwicklungsfonds.

(Otto Fricke (FDP): Aha!)

Diese Antwort wäre falsch; das ist ganz klar. Wir Sozialdemokraten und übrigens die komplette Wissenschaft und auch die Europäische Kommission sehen das so. Wir sind dafür, dass die Aktionäre der europäischen Banken – nicht die Einleger – gemeinsam etwas von ihren Gewinnen in einen europäischen Fonds einzahlen, so wie es in Deutschland gemacht wird, nur mit höheren Summen. Der Bankenhaftungsfonds hier in Deutschland hat ein Volumen von 2 Milliarden Euro. Das ist lächerlich.

(Otto Fricke (FDP): Aber nicht der Staat?)

– Nicht der Staat. – Die Banken selbst sollen Abgaben auf ihre Gewinne zahlen – diese Abgaben sollen höher sein als das, was in Deutschland gezahlt wird –, um aus diesem Fonds die Verluste im europäischen Bankensektor im Ernstfall decken zu können. Nur so kann es gelingen, diese Abwärtsspirale, von der Banken und Staaten betroffen sind, zu durchbrechen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das ist die entscheidende und auch rechtlich machbare Maßnahme, die es schnellstmöglich, Herr Minister Schäuble, umzusetzen gilt. Sie haben auf das hingewiesen, was in Dublin erörtert wurde. Dass Sie sagen, die Einführung einer europäischen Bankenaufsicht sei im Rahmen der europäischen Verträge noch möglich, das gehe gerade noch so, aber eine Bankenabwicklung sei nicht möglich, sei ein Fehler. Wenn Sie sagen, dass Sie eine europäische Bankenaufsicht einführen wollen und dass die Europäische Zentralbank die Aufsichtsfunktion wahrnehmen soll, die aber, so wie Kollege Schäffler eben gesagt hat – in dem Punkt hat er recht –, Hauptgläubiger und Kreditgeber vieler Banken ist, frage ich mich: Wie soll sie unabhängig Geldpolitik machen können? Wie soll sie agieren und eine Bank schließen können, wenn sie weiß, dass sie Hauptlasttragende ist?

Deswegen ist es eine Mär, Kollege Meister, wenn gesagt wird, wir hätten bisher keine – zumindest teilweise – Vergemeinschaftung der Schulden. Wir haben sie über das System der Europäischen Zentralbank: Es sind Liquiditätshilfen in einem Umfang von 1,4 Billionen Euro an die Banken vergeben worden – unter Zugrundelegung sehr niedriger Sicherheitsstandards und im Übrigen ohne Information des Deutschen Bundestages. Das findet quasi in einem vordemokratischen Raum statt.

Um das wieder in die Hand des Parlaments zurückzuholen, aber auch um es möglich zu machen, große Banken, die die Staaten erpressen, abzuwickeln, brauchen wir einen unabhängigen Aufseher und vor allen Dingen ein Abwicklungsregime. Wir haben weder das eine noch das andere. Ich kenne keine Vorschläge, keine Ideen aus dem Bundesfinanzministerium, die aufzeigen, wie das gehen soll. Sie sind an dem Punkt weit zurückgeblieben. Das führt nicht dazu, dass die Macht wieder in der Hand des Staates liegt, sondern dazu, dass der Markt und die großen Banken uns erpressen können. Das ist leider die Situation. Wir Sozialdemokraten wollen das ändern.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Meister, Sie haben das Steuerabkommen mit der Schweiz und das Thema Steueroasen angesprochen. Wissen Sie, wir Sozialdemokraten sind dafür, dass diejenigen, die viel Geld in einem Land verdient haben, es auch in diesem Land versteuern. Wir wollen – dafür kämpfen wir schon seit Jahren, Peer Steinbrück vorneweg –

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Thomas Feist (CDU/CSU): Oh ja! Gerade der!)

der Anonymität der Kontenbesitzer den Garaus machen, zumindest in der Europäischen Union.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie und Ihr Finanzminister haben uns ein Steuerabkommen mit der Schweiz vorgelegt. Dadurch wäre erstens die Anonymität auf Dauer gesichert worden. Zweitens hätten die Steuervollzugsbeamten so gut wie gar nicht mehr kontrollieren dürfen. Sie hätten das Instrument, das jetzt auch Sie nutzen, nämlich CDs, nicht mehr nutzen können. Dieses Instrument, das ja wirkt, hätten Sie ihnen aus der Hand geschlagen. Drittens wären gerade die Banken, die bisher den Steuerbetrug in der Schweiz begangen oder befördert haben, diejenigen gewesen, die unsere Steuern eingezogen hätten. Dazu haben wir ganz klar Nein gesagt. Die Zeit gibt uns recht. Es war richtig, dass wir an dieser Stelle hart geblieben sind.

(Beifall bei der SPD)

Dass sich Luxemburg und, wie ich hoffe, auch Österreich jetzt bewegen, ist, glaube ich – ohne zu viel zu sagen und ohne sich selbst mit zu vielen Lorbeeren zu schmücken –, ein bedeutender Punkt. Wichtig war, dass gute Journalisten – nicht der Bundesfinanzminister – diese Offshoreregionen öffentlich gemacht haben. Wichtig war auch unser energischer Widerstand gegen die Wahrung der Anonymität von Kontenbesitzern in anderen europäischen Ländern. Es muss Schluss sein mit Dumping. Wer die Solidarität erhalten will, muss selbst Solidarität leisten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Kudla, ich weiß nicht, wen Sie so kennen, der Konten in der Schweiz hat, um dort Geld zu verstecken. Aber Kleinsparer sind mir diesbezüglich bisher noch nicht untergekommen.

(Beifall bei der SPD)

Bei der Entscheidung vom Samstagmorgen, an der der Herr Bundesfinanzminister maßgeblich mitgewirkt hat – deshalb reden wir heute darüber –, wurde an einer entscheidenden Stelle ein schwerer Fehler begangen: Es sollte in Einlagen unter 100 000 Euro, die durch in nationales Recht implementiertes EU-Recht gesetzlich geschützt sind, eingegriffen werden.

Dieser Vorschlag mag zwar nicht von Herrn Schäuble gekommen sein; aber er hat ihn akzeptiert.

(Dr. Volker Wissing (FDP): Zypern ist ein souveräner Staat! Die haben eine eigene Regierung!)

Der Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem, der – wie einige andere auch – an dieser Entscheidung ebenfalls beteiligt war,

(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Der französische Finanzminister zum Beispiel! – Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU): Unser Freund Asmussen zum Beispiel!)

hat sich für diese Entscheidung entschuldigt. Er hat gesagt: Das war ein Fehler.

Ich hätte von Herrn Schäuble und von Ihnen als Vertreter der Koalition erwartet, dass Sie hier deutlich machen: Wir entschuldigen uns dafür. Das war ein Fehler. Er hat zu großer Verunsicherung in Europa geführt.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Daniel Volk (FDP): Das ist doch grotesk! Die deutsche Regierung soll sich für eine Entscheidung einer anderen souveränen Regierung entschuldigen?)

– Herr Volk, Sie haben hier vorhin viel Trara gemacht, aber wenig zur Sache gesagt.

Zypern hat vor einem Dreivierteljahr einen Antrag auf Hilfsmaßnahmen gestellt. Das hat die Bundesregierung ein Dreivierteljahr lang nicht interessiert. Sie haben in keiner Art und Weise Druck auf das Land ausgeübt, Gläubiger zügig an den Kosten der Rettung zu beteiligen, bevor das Geld abgezogen wird.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Es gibt die Troika!)

Es gibt überhaupt keinen Dissens darüber, dass das Geschäftsmodell in Zypern nicht mehr trägt und dass es sich für ein Land innerhalb der Europäischen Union, in der Solidarität großgeschrieben wird, nicht gehört, durch Steuerdumping und eine sehr schwammige Umsetzung von Geldwäscherichtlinien Steueraufkommen aus anderen Ländern, zum Beispiel aus Deutschland, abzuziehen. Diesbezüglich wollen wir einen ganz klaren Stopp.

(Andrej Hunko (DIE LINKE): Aber europaweit!)

Sie haben in dieser Richtung keinerlei Initiativen ergriffen. Es ist vielmehr alles auf die nächtliche Entscheidung vom vergangenen Wochenende zugelaufen. Als deutlich wurde, dass es innerhalb des Europäischen Rates eine Entscheidung gibt, haben wir als SPD gefordert, dass sich die Bundeskanzlerin am letzten Donnerstag hier im Bundestag erklärt. Sie hat es nicht getan.

Die Bundeskanzlerin hat genauso wie der Bundesfinanzminister das Verhandlungsergebnis einschließlich der Beteiligung von Einlagen unter 100 000 Euro mit 6,5 Prozent gutgeheißen.

(Manfred Zöllmer (SPD): So ist es!)

Das war ein Fehler, und es gehört sich, dazu zu stehen.

Das Vertrauen in die Währungsunion ist ohnehin brüchig, wie man schon beim Zeitunglesen sieht. Sogar meine Regionalzeitung hat mit der Frage aufgemacht, ob deutsche Einlagen sicher sind oder nicht. Der Regierungssprecher musste erneut entsprechende Versicherungen abgeben. Dies alles zeigt doch, dass das Verhalten der Bundesregierung insbesondere angesichts des kleinen Betrages, um den es ging, ein Fehler war.

(Beifall bei der SPD)

Sie hätten auch aus einem anderen Grund schon viel früher handeln müssen: Seit einem Dreivierteljahr hat die Europäische Zentralbank die zypriotischen Banken über ihre Notfallmaßnahmen, ELA genannt, finanziert.

(Andrej Hunko (DIE LINKE): Sie wollten ja einen anderen Präsidenten!)

Es hat dazu geführt, dass mittlerweile ein zweistelliger Milliardenbetrag auf den Konten aufgelaufen ist, mehr oder weniger als Kredit an die nationalen Banken. Gehen das Land Zypern und diese Banken pleite, müssen wir für diese Forderung aufkommen; es sind dann direkte Schulden, die wir übernehmen müssen. Das hätte man verhindern können. Denn genau in dieser Zeit sind nachrangige Gläubiger dieser Banken, zum Beispiel der hier zitierten Laiki Bank – sie hätten im Falle einer Pleite haften müssen –, herausgekauft worden; sie sind verschwunden. Hier geht es um einen Milliardenbetrag, der weg ist; auch das haben Sie durch Nichtstun zu verantworten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Lage in Zypern ist jetzt sehr schwierig. Für uns Sozialdemokraten ist klar: Es muss einen substanziellen Beitrag der Einleger von Beträgen über 100 000 Euro geben – die Einlagen sind im Durchschnitt viel höher als in Deutschland –; das ist Bedingung. Anders ist eine Schuldentragfähigkeit nicht herzustellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das hätte man schneller haben können, und man hätte es auch ohne Proteste der Zyprioten – er kam von den Kleinsparern – haben können.

(Jens Ackermann (FDP): Es gibt keine Kleinsparer auf Zypern!)

Ein solcher Beitrag wäre, glaube ich, im Parlament durchgegangen. Nun ist das Kind in den Brunnen gefallen. Ich hoffe, dass sich die Verunsicherung auflösen lässt und wir trotzdem zu einer tragfähigen Lösung kommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man spürt geradezu den Phantomschmerz des Herrn Staatssekretärs,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

der daher rührt, dass die Wähler in Nordrhein-Westfalen eine Entscheidung getroffen haben, die verhindert hat, dass er, der Schattenfinanzminister, und der damalige Umweltminister, Herr Röttgen, an die Regierung kommen.

(Christian Lange (Backnang) (SPD): So ist es!)

Ich glaube, die Wähler in Nordrhein-Westfalen haben weise entschieden.

(Otto Fricke (FDP): Die Weisheit siegt am Ende, nicht am Anfang!)

Es hilft auch nichts, diesen Phantomschmerz immer wieder hier im Deutschen Bundestag zu kühlen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ? Christian Lange (Backnang) (SPD): Schlechter Verlierer! – Norbert Barthle (CDU/CSU): Es geht um die Zahlen! Es geht um Haushalte! Zahlen lügen nicht!)

Herr Kampeter, Sie haben jetzt hier über die Schuldenbremse gesprochen, aber auch über den Bundeshaushalt für 2014, den der Finanzminister heute im Kabinett vorgestellt hat

(Otto Fricke (FDP): Sagen Sie doch etwas zum Verfassungsbruch!)

und den die nächste Bundesregierung und der nächste Deutsche Bundestag zu verantworten haben. Allerdings haben Sie dabei vergessen, zu sagen, wie es denn eigentlich im Jahre 2013 aussieht: Wir haben in Deutschland die höchsten Steuereinnahmen, die es jemals gab.

(Norbert Barthle (CDU/CSU): Die kriegen auch die Länder! – Dr. Michael Meister (CDU/CSU): Deshalb wollen Sie auch Steuererhöhungen!)

Wir haben aufgrund der extrem guten Konjunktur die niedrigsten Sozialausgaben.

(Otto Fricke (FDP): Ja! Dank uns!)

Gegenüber der Planung für 2013 sparen Sie allein bei den Zinsausgaben 10 Milliarden Euro.

(Otto Fricke (FDP): Das stimmt doch gar nicht!)

Trotz dieser extrem guten Zahlen machen Sie in diesem Jahr 17 Milliarden Euro neue Schulden.

(Christian Lange (Backnang) (SPD): Unglaublich!)

Das, meine Damen und Herren, ist kein Ruhmesblatt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christian Lange (Backnang) (SPD): Schuldenmacherei! – Otto Fricke (FDP): Sag mal, was baust du eigentlich für Phantome auf?)

Sie schaffen es nicht einmal im Wahlkampfhaushalt für 2014, den Sie nicht mehr beschließen werden: Selbst darin sind noch über 6 Milliarden Euro neue Schulden vorgesehen – keine Tilgung.

Wir haben uns hier im Deutschen Bundestag verpflichtet, die Mittel für die Konjunkturprogramme, die wir 2009 und 2010 aufgelegt haben, um die Konjunktur nach vorn zu bringen – das hat zum Glück funktioniert –, in guten Zeiten zurückzuzahlen. Keinen einzigen Cent tilgen Sie; vier Jahre danach haben Sie keinen einzigen Cent getilgt. Im Gegenteil: Sie machen noch neue Schulden.

(Zuruf von der SPD: Hört! Hört! – Otto Fricke (FDP): Du bist jetzt wohl bei Baden-Württemberg und nicht beim Bund!)

Darauf wäre ich nicht stolz.

An Ihrer Stelle hätte ich mir einmal die Subventionen angeschaut.

(Otto Fricke (FDP): Das sagen die Steinkohlesubventionäre!)

Eigentlich hat man gedacht, dass Sie von den Liberalen da herangehen wollen. Herr Kampeter, Sie haben gerade gesagt, wie Sie den Ländern immer geholfen haben. Das Erste, das Sie in dieser Legislatur umgesetzt haben, als Sie noch die Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat hatten, war das Wachstumsbeschleunigungsgesetz.

(Otto Fricke (FDP): Hat geklappt! Das Wachstum hat sich beschleunigt!)

Was steckte dahinter? Die Subventionierung der Hoteliers und sonstiger Industriebereiche.

(Otto Fricke (FDP): Die Erhöhung des Kindergelds!)

Dafür haben Sie 1 Milliarde Euro jedes Jahr ausgegeben, Geld, das Sie den Ländern entzogen haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, zum Glück haben wir dem dank der neuen Bundesratsmehrheit etwas entgegengesetzt; das geht nicht mehr.

(Otto Fricke (FDP): Rede doch mal zum Fiskalpakt! – Gegenruf der Abg. Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kampeter hat auch nicht zum Thema der Aktuellen Stunde geredet! Immer außen drum herum!)

Der nächste Punkt: der Bundesbankgewinn. Der Bundesbankpräsident, Herr Weidmann, hat gestern eine sehr zurückhaltende Bewertung der Risiken aus der Euro-Krise im laufenden Jahr abgegeben. Ich sage: Es ist in Ordnung, dort für Rückstellungen zu sorgen; denn die wirkliche Lösung der Euro-Krise wird derzeit nicht im Deutschen Bundestag, sondern bei der Europäischen Zentralbank gemacht. Weil Sie nicht den Mut haben, den Leuten reinen Wein einzuschenken, springt die EZB ein und nimmt gemeinschaftliche Risiken in ihr Portfolio. Dafür trägt die Bundesbank jetzt Vorsorge.

(Otto Fricke (FDP): Wieso denn „jetzt“?)

Man fragt sich aber: Was macht eigentlich der Bundesfinanzminister als ehrbarer Kaufmann? Wir haben auch Kredite direkt ausgereicht: an Griechenland, Irland und Spanien. Wie viel Vorsorge ist dafür eigentlich getroffen worden? Kein einziger Cent!

(Norbert Barthle (CDU/CSU): Wir haben Bürgschaften übernommen, keine Kredite ausgereicht! Das stimmt nicht!)

Die Probleme werden in die nächste Legislaturperiode mitgenommen. Wir Sozialdemokraten sagen: Wir brauchen eine klare, solide Finanzpolitik. Deswegen haben wir – im Gegensatz zur FDP – die Aufnahme der Schuldenbremse in die Verfassung beschlossen.

(Otto Fricke (FDP): Ach!)

Wir hätten es gut gefunden, wenn sie auch im europäischen Recht verankert wäre und nicht nur auf zwischenstaatlicher Ebene.

(Otto Fricke (FDP): Sag doch mal was zum Fiskalpakt!)

Wir hätten vor allen Dingen auch gut gefunden, wenn Sie diejenigen im Bankensektor, die enorm von unserer Rettungspolitik profitiert haben, in die Verantwortung genommen hätten, nämlich diejenigen, die hohe Vermögen haben.

Seit der Finanzkrise wurden über 300 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen,

(Otto Fricke (FDP): Versuchs doch mal mit Fiskalpakt!)

davon entfallen 100 Milliarden Euro auf Ihre Regierungszeit in dieser Legislaturperiode. Davon haben Sie keinen Cent zurückgezahlt.

(Otto Fricke (FDP): Zur Sache, Carsten!)

Wir wollen, dass diejenigen, die von der Rettung profitiert haben, einen Teil der Lasten tragen. Das ist gerecht, aber wenn Sie das als Steuererhöhung bezeichnen, Herr Staatssekretär:

(Norbert Barthle (CDU/CSU): In welchem SPD-regierten Land werden die zurückgezahlt?)

Wissen Sie: In meinem Wahlkreis in Erfurt-Weimar sind über 95 Prozent der Menschen nicht betroffen. Die 5 Prozent, die über große Vermögen und hohe Einkommen verfügen, können einen Teil der Lasten tragen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Andreas Mattfeldt (CDU/CSU): Ein Lehrer hätte gesagt: Thema verfehlt! Sechs!)

Wir als Sozialdemokraten haben ein ausgewogenes Konzept: auf der einen Seite Subventionsabbau, auf der anderen Seite Konzentration darauf, dass die stärkeren Schultern sich an den Kosten der Rettung beteiligen, von der vor allem sie profitiert haben. Meine Damen und Herren, ich würde sagen: Das war ein Rohrkrepierer.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben schon einmal über diesen Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Fiskalvertrags diskutiert. Es wurden auch Anhörungen im Haushaltsausschuss dazu durchge­führt. Im Bundesrat gab es keine Einigung, weswegen Sie den Gesetzentwurf heute erneut einbringen.

Wir als SPD-Fraktion haben eine klare Haltung: Wir wollen keine Schulden.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Wie in Nord­rhein-Westfalen! – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: So wie in Nordrhein-Westfalen und Ba­den-Württemberg!)

– Jetzt warten Sie einmal! Ich bin doch noch gar nicht fertig, ganz ruhig. – So wie wir die nationale Schulden­regel in Deutschland 2009 hier im Deutschen Bundestag beschlossen haben, wollen wir auch den europäischen Fiskalvertrag goutieren und implementieren.

Was bedeutet das? Durch den Fiskalvertrag wird die Schuldenregel in die nationalen Gesetze in Europa auf­genommen, ob nun in Athen, in Madrid – oder in Bruns­büttel.

(Heiterkeit der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das bedeutet aber nicht, dass deren Einhaltung kontrol­liert wird. Das ist ein großer Fehler. Warum kann die Einhaltung nicht im Rahmen des Fiskalvertrages kon­trolliert werden? Sie kann nicht kontrolliert werden, weil es nicht um europäisches Sekundärrecht geht, sondern um einen zwischenstaatlichen Vertrag. Das ist der grund­sätzliche Fehler, den die Regierung – vorneweg Frau Merkel – gemacht hat. Es ist nicht gelungen, eine ein­heitliche Regelung zu schaffen. Das europäische Recht ist ein Flickenteppich. Das trägt nicht zu Glaubwürdig­keit und Transparenz bei.

Nun zu Deutschland. Wir als SPD-Fraktion haben im Zuge der letzten Beschlussfassung gemeinsam mit den Grünen – bei den Linken bin ich mir nicht mehr ganz si­cher – einen Änderungsantrag eingebracht. Wir haben auch eine Anhörung dazu durchgeführt. Ich möchte das hier und heute im Deutschen Bundestag noch einmal aufgreifen. Es geht um die Frage: Welche Rolle spielt das Parlament, der Deutsche Bundestag, eigentlich bei der Kontrolle der nationalen Haushalte, sowohl ange­sichts der zunehmenden europäischen Vernetzung als auch angesichts der stärkeren Gouvernementalisierung? Das bedeutet, dass immer mehr Aufgaben auf die Regie­rung ausgelagert werden, ohne dass die Parlamente – so­wohl was die Personalausstattung als auch die eigenen Rechte betrifft – in der Lage sind, ihrer Haushaltsverant­wortung gerecht zu werden.

Das Ergebnis der Anhörung war so eindeutig, wie ich es noch nie erlebt habe. In diesem speziellen Punkt, in der Frage, ob es ein unabhängiges Gremium gibt, das die Finanzpolitik der Regierung auswertet, ihr keine Emp­fehlungen gibt, aber ihre Politik bewertet, waren alle Sachverständigen, auch die von der Union berufenen, eindeutig der Auffassung, dass das, was vorgelegt wurde, nicht ausreichend ist.

(Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)

Ich gehe sogar so weit, zu sagen: Sie implementieren ein von der Kommission gefordertes unabhängiges Gre­mium mit neun Mitgliedern, von denen sechs einer Par­tei angehören und daher bestimmte Interessen verfolgen, also mehr oder weniger weisungsgebundene Beamte sind. Im Endeffekt sind es die Finanzminister selbst, die über Strafzahlungen oder andere Interventionen ent­scheiden. Letztendlich bleiben wir mit dieser Vereinba­rung weit hinter den europäischen Vereinbarungen zu­rück, die wir mit dem Six-Pack korrigiert haben. Das ist ein Rückschritt. So wird die Finanzpolitik nicht glaub­würdig. Auf dieser Basis kann das Parlament nicht ver­nünftig im Bundestag diskutieren. So kann das Parla­ment keine Auswertung vornehmen und keine Alternativen aufzeigen. Deshalb wäre es im Interesse des Haus­haltsausschusses und des gesamten Parlaments klug, so meine ich, diese Chance zu nutzen und im Gesetzge­bungsverfahren auf die Vorschläge der Sachverständigen einzugehen.

Es wäre klug, dem Bundestag die notwendigen Mittel an die Hand zu geben,

(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Du wolltest doch keine Schulden machen!)

damit wir über die Finanzpolitik – schließlich tragen wir die Hauptverantwortung für die Budgetpolitik – disku­tieren können, damit wir auf einer breiten, fundierten Grundlage eine öffentliche Diskussion führen können. Ich glaube, das wäre in unserem eigenen Interesse. Ich hoffe, dass es uns gelingt, dies zu implementieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion beantragt heute, einen schwerwiegenden Fehler von Herrn Minister Schäuble zu korrigieren.

(Norbert Barthle (CDU/CSU): Er macht keine Fehler!)

Herr Minister Schäuble – mit ihm die Bundesregierung, und ich vermute, auf Druck der Fraktion – hat entschieden, dass die über Jahrzehnte geübte Praxis beendet wird, dass der Staat, der Bund, also wir, uns direkt beim Bürger verschulden können, dass wir Bundesschatzbriefe, eines der Hauptprodukte in diesem Zusammenhang, direkt an den Bürger geben können, um die notwendige Kreditaufnahme zu finanzieren. Wir haben über 2 Billionen Gesamtschulden, davon rund 1,3 Billionen beim Bund.

Sie haben entschieden, dass diese über Jahrzehnte geübte Praxis, sich nicht gänzlich von Banken und Finanzmärkten abhängig zu machen, beendet wurde. Sie haben entschieden, dass es nicht mehr möglich ist, seinem Staat selbst Geld zu leihen; dass soll nur noch über Bankgeschäfte mit hohen Provisionen möglich sein. Das, meine Damen und Herren, ist ein schwerwiegender Fehler, und wir fordern Sie auf, ihn zu korrigieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Bundesfinanzagentur, die dafür zuständig ist, durfte nicht einmal mehr Werbung machen. Die Begründung, warum Sie es einstellen, ist, dass Sie Gelder zur Finanzierung von fast 99 Prozent der gesamten Staatsschulden an den Kapitalmärkten bei Investoren aufnehmen wollen.

(Norbert Barthle (CDU/CSU): Der Rechnungshofbericht!)

Wenn man für ein Produkt keine Werbung mehr macht und den Vertrieb von Bundesschatzbriefen mehr oder weniger torpediert, dann braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn diese nicht mehr in dem Maße nachgefragt werden.

Ich finde, insbesondere auch angesichts der Schuldenkrise in anderen Ländern, wo man wie in Italien froh ist, eine Inlandsverschuldung von 50 Prozent zu haben – in Deutschland ist die Zahl viel schlechter –

(Otto Fricke (FDP): Ach! Italien ist jetzt das Beispiel? Super!)

– Inlandsverschuldung, sehr geehrter Herr Fricke -, sollten wir uns nicht gänzlich von an der Börse gehandelten Wertpapieren abhängig machen, die von amerikanischen Investoren, den Scheichs in Arabien, norwegischen Ölfonds oder der chinesischen Zentralbank geführt werden.

Dass Sie die Möglichkeit beenden, dass der Staat selbst in der Lage ist, auch bei seinen Bürgern Geld zu leihen, ist purer Marktideologie geschuldet. Die FDP hat das immer gefordert. Ich gebe Ihnen recht: Sie haben jetzt eine klare Entscheidung in der Koalition durchgesetzt. Aber dass die CDU/CSU – das finde ich fast unpatriotisch –

(Otto Fricke (FDP): Es ist kurz vor 9! Komm mal runter!)

dem Bürger nicht mehr die Möglichkeit einräumt, dem Staat direkt Geld zu leihen, sondern dies nur noch über die Banken geschehen kann, ist ein schwerwiegender Fehler. Das zeigt den Charakter dieser Koalition.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir lehnen dies ab und fordern Sie auf: Besinnen Sie sich! Geben Sie nicht nur dem Markt, sondern auch dem Staat und dem Bürger die Chance, sich selbst zu helfen und sich nicht von Dritten abhängig zu machen. Deswegen: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Sie haben die Gelegenheit dazu!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Otto Fricke (FDP): Es ist 9 Uhr abends und nicht 9 Uhr morgens! – Norbert Barthle (CDU/CSU): Ich finde, das Wort „unanständig“ hat gefehlt!)

Link zum Video der Rede:


Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Das ist eine für Deutschland teure Lernkurve, die CDU/CSU und FDP hier gemacht haben. Warum?

(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Ja, warum?)

Dieses Gesetz bringt die zweite Verlängerung und ist damit das Dritte Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Wir reden hier über mehr Geld als der Bundeshaushalt umfasst, den wir eben verabschiedet haben. Es geht darum, bis zum Ende, in zwei Jahren, dem Soffin die Möglichkeit zu geben, Bürgschaften in Höhe von 400 Milliarden Euro oder Rekapitalisierungshilfe für die Banken in Höhe von 80 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen.

Im Jahr 2008, beim ersten Gesetz dazu, haben wir als Sozialdemokraten gesagt: Es ist entscheidend, dass der Sektor ? der Bankensektor, der Finanzsektor ?, der von der Stabilisierung profitiert, auch für die Kosten aufkommt, Stichwort: Bankenabgabe. Damals haben Sie das verhindert.

(Dr. Volker Wissing (FDP): Eingeführt!)

Die Kosten unter dem Strich betragen Pi mal Daumen ? wir wissen es noch nicht genau; das werden wir in 20 Jahren wissen ? zwischen 20 Milliarden und 30 Milliarden Euro. Ich glaube, das ist eine reale Schätzung. Ich kann Ihnen noch genau die Beteiligten nennen, die damals dagegen waren. Jetzt ändern Sie Ihre Meinung und führen die Bankenabgabe ein. Das ist in Ordnung. Es ist eine teure Lernkurve, aber immerhin.

Herr Kollege Aumer hat gerade gesagt: Der Steuerzahler soll nie wieder für die Verluste der Banken haften. – Tritt das mit der von Ihnen konzipierten Bankenabgabe aber ein? Ich weiß nicht, welche Vorstellungen Sie von Banken haben. Meinen Sie Sparkassen oder Volks- und Raiffeisenbanken? Die Deutsche Bank jedenfalls werden wir mit dem avisierten Geld nicht abwickeln können. Das ist doch vollkommen klar.

Wie hoch ist das Volumen der Bankenabgabe? Das hängt natürlich von der Konjunktur und auch der Gewinnsituation der Banken ab. Bis heute haben wir in zwei Jahren 1,1 Milliarden Euro oder 1,2 Milliarden Euro eingenommen.

(Bartholomäus Kalb (CDU/CSU): 1,3!)

? 1,3 Milliarden Euro, vielen Dank. ? Das ist nicht so viel. Ich möchte Ihnen die Situation einmal veranschaulichen. Wenn eine mittelgroße Bank so große Verluste macht, dass sie pleite geht, dann müssten wir bei einem Volumen von 20 Milliarden Euro bei diesem Tempo 40 Jahre ansparen, um diese Bank abzusichern. Es ist eine Schimäre.

(Beifall bei der SPD)

Um Ihnen den Weg zu ebnen, haben wir einen Änderungsantrag eingebracht. Wir wollen, dass deutlich mehr Einnahmen erzielt werden. Wir als SPD-Fraktion schlagen eine Verdoppelung der Bankenabgabe vor.

(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Haben Sie das eigentlich mal durchgerechnet? – Zuruf des Abg. Dr. Volker Wissing (FDP))

? Das reicht natürlich nicht für die Deutsche Bank, Herr Wissing. Das ist doch klar. Dafür müssten Sie bei der Regulierung viel stärker ansetzen. Die Deutsche Bank ist von ihrem Bilanzvolumen her größer als die deutsche Volkswirtschaft. „Eigentlich sollte das anders sein“, hat die Kanzlerin einmal gesagt. Was haben Sie regulatorisch eigentlich dagegen getan, dass die Deutsche Bank noch größer geworden ist, als sie es vor der Finanzkrise war? Dass wir als Steuerzahler, als Staat das Risiko tragen, sie bei einer Pleite letztendlich auffangen zu müssen, dass ihr die Staatshaftung garantiert wird und sie deswegen immense Zinsvorteile von fast 2,5 Milliarden Euro hat, für die wir keinen Cent Entgelt bekommen, dagegen haben Sie nichts getan. Daran sieht man, auf welcher Seite die Bankenlobby sitzt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Viel wichtiger als dieses Gesetz ist aber die Verhandlungslinie auf europäischer Ebene. Mein Kollege hat das eben angesprochen, was Bankenaufsicht und Restrukturierung anbetrifft. Ich meine ? da haben wir einen Konsens ?, das muss man in Ruhe entscheiden. Dass auf dieser Sache so ein Druck lastet, hängt ja damit zusammen, dass die Bundeskanzlerin im Juni dieses Jahres zugesagt hat, ausländische Banken über den Europäischen Stabilitätsmechanismus, also auch über deutsche Steuergelder, direkt zu rekapitalisieren. Natürlich wollen alle den direkten Zugriff; dem ist jetzt nur die Bankenaufsicht vorgeschaltet.

Ich halte es eigentlich für einen Fehler ? daher bin ich skeptisch ?, die Europäische Zentralbank mit einem weiteren Thema, für das sie eigentlich nicht zuständig ist, zu überfrachten.

(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Ist das die Meinung der SPD?)

? Warten Sie! ? Außerdem will gut Ding Weile haben. Wenn Sie eine Aufsicht auf europäischer Ebene schaffen, braucht es zwingend ein Abwicklungsregime.

(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Wo ist da der Widerspruch bei uns?)

Es macht keinen Sinn, eine Aufsicht zu haben, aber im Endeffekt nicht eingreifen und eine Bank nicht abwickeln zu können. Das Europäische Parlament hat dazu Vorschläge gemacht, die Sie nicht aufgegriffen haben. Ich wüsste gern einmal: Was ist eigentlich die Strategie der Bundesregierung, außer den Beschluss von Juni wieder zu kassieren? Ich kann keine Strategie erkennen. Mit einer reinen Verhinderungspolitik auf europäischer Ebene werden wir jedenfalls keine Ordnung und kein europäisches Abwicklungsregime bekommen.

(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Wer verhindert denn was?)

Vielmehr bekommen wir durch Ihre Zustimmung „Euro-Bonds light“, indem Banken direkt über den ESM rekapitalisiert werden. Deswegen lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser Portion Autosuggestion ein Blick auf den Haushalt. Herr Minister, so wie Sie eben den Haushalt in der Schlussrunde verteidigt haben, nämlich fast gar nicht – das war mehr eine allgemeine Plauderstunde, aber keine Rechtfertigung für 17 Milliarden Euro neue Schulden, die Sie machen -, führen Sie vermutlich nicht nur Ihr Haus, sondern auch die gesamten Verhandlungen mit den Fachressorts. Anders ist es nicht erklärbar, dass es Ihnen nicht gelungen ist, trotz bester Lage in Deutschland, was die Steuereinnahmen, aber auch die Arbeitslosenzahlen und die Zinsleistungen, die zu erbringen sind – sie sind aufgrund des Zinsniveaus so gering wie seit langem nicht mehr -, betrifft, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Das wäre Ihre zentrale Aufgabe hier in Deutschland gewesen. Sie sind daran gescheitert, Herr Schäuble.

(Beifall bei der SPD – Johannes Kahrs (SPD): Der hört gar nicht zu!)

Die Koalition hat gesagt, dass wir von der SPD auf der einen Seite Mehrausgaben in Höhe von – hier gab es unterschiedliche Angaben – 6 Milliarden bis 8 Milliarden Euro verlangen und auf der anderen Seite teuflische Steuererhöhungen vornehmen wollten. Um zur Sache zu kommen: Deutschland ist, gemessen am staatlichen Kapitalstock, in den letzten 20 Jahren verarmt. Der Verlust an staatlichem Eigenkapital beträgt 800 Milliarden Euro. Das private Vermögen ist in diesem Zeitraum von 4,5 Billionen auf 10 Billionen Euro gestiegen. Das sind keine Propagandazahlen der SPD, sondern ist dem Armuts- und Reichtumsbericht dieser Bundesregierung zu entnehmen.

(Bettina Hagedorn (SPD): So ist es!)

Wenn wir dieser Entkernung des Staates insbesondere bei der Infrastruktur – das ist einer der Hauptpunkte -, aber auch bei den kommunalen Finanzen und der extrem hohen Verschuldung, die sich von fast 60 auf 80 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung erhöht hat, etwas entgegensetzen wollen, dann geht dies nur, wenn wir den von der SPD vorgeschlagenen Weg einschlagen: erstens Abbau von Subventionen, insbesondere von Steuersubventionen, und zweitens Veränderung der ungerechten Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland – ich glaube, das können selbst Sie nicht wegdiskutieren – mittels Steuerpolitik. Genau das schlagen wir vor.

(Beifall bei der SPD)

Dadurch wollen wir im ersten Jahr 15 Milliarden Euro mehr einnehmen. Subventionsabbau kommt bei Ihnen gar nicht vor. Es hat mich im Übrigen verwundert, dass Sie auf unsere exakten Vorschläge nicht eingegangen sind. Wahrscheinlich haben Sie das deswegen nicht getan, weil Sie dann hätten deutlich machen müssen, dass bei Ihnen das Gegenteil passiert ist. Sie haben Subventionen aufgebaut und nicht abgebaut. Ich nenne als Beispiel nur das Hotelsteuerprivileg bei der Mehrwertsteuer. Damit hat die Legislaturperiode angefangen, und mit einer neuen Subvention, dem Betreuungsgeld, hört sie auf. Das ist keine solide, gerechte Finanzpolitik.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben die Steuermehreinnahmen von 3 Milliarden Euro für 2013 nicht genutzt, um – das wäre Ihre Aufgabe als Haushälter gewesen; normalerweise kürzt der Haushaltsausschuss die Mittelansätze im Regierungsentwurf noch ein bisschen – die Nettokreditaufnahme zu reduzieren. Das haben Sie nicht getan, im Gegenteil. Sie senken die Nettokreditaufnahme von geplant 18,8 Milliarden auf 17,1 Milliarden Euro, um irgendwie unter die Nettokreditaufnahme von 2011 zu kommen. Es sähe auch komisch aus, wenn man Mehreinnahmen im Jahr 2013 hat und trotzdem eine höhere Verschuldung als 2011 hätte.

Herr Minister, Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten den kontinuierlichen Abbau der Neuverschuldung geplant. Vielleicht haben Sie ihn geplant, aber gemacht haben Sie ihn nicht.

(Bettina Hagedorn (SPD): Genau!)

Im Jahr 2011 hatten Sie eine Nettokreditaufnahme von 17 Milliarden Euro. Für das Jahr 2012 hatten Sie 32 Milliarden Euro geplant. Es werden nun 28 Milliarden Euro. Es geht also im Vergleich eindeutig nach oben. Im Jahr 2013 soll die Nettokreditaufnahme wieder auf rund 17 Milliarden Euro sinken.

(Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister: ESM!)

– Für den ESM sind 8 Milliarden Euro vorgesehen. Wenn Sie diese Summe von den 28 Milliarden Euro Neuverschuldung in diesem Jahr subtrahieren, dann stellen Sie fest, dass es 20 Milliarden Euro sind.

Unter dem Strich handelt es sich nicht um eine Senkung, sondern um eine Steigerung. Der Bruch kam, als Sie als Finanzminister die Arbeit im Innern aufgegeben haben. Ich habe Sie gar nicht mehr wahrgenommen. Es gab keine Chefgespräche; es gab auch keinen Streit. Das ist immer schlecht. Wissen Sie, warum? Es musste natürlich einen Streit um die Ressourcen geben. Sie haben mehr oder weniger allen Begehrlichkeiten stattgegeben. Der Höhepunkt war der Koalitionsausschuss im November. Da sind Sie lieber nach Mexiko gefahren, um Vorträge zu halten, als zu sehen, dass der Haushalt hier in Ordnung gebracht wird. Das war, Herr Minister Schäuble, Ihre Politik im Innern.

(Beifall bei der SPD – Volker Kauder (CDU/CSU): Herr Schneider, das war bösartig!)

Wir als SPD setzen dem zwei Punkte entgegen. Den ersten Punkt, den Subventionsabbau, habe ich schon angesprochen. Die größte Einzelsubvention, die es gibt, ist der nichtexistierende Mindestlohn. Die Forderung nach Einführung eines Mindestlohns findet sich nirgendwo bei Ihnen. Diesen gibt es in fast allen europäischen Ländern, in Deutschland nicht. Die Mehrausgaben für den Gesamtstaat aufgrund eines fehlenden Mindestlohns machen in etwa, wenn Sie die Steuermehreinnahmen mit einbeziehen, 8 Milliarden Euro aus; für den Bund ist es etwa die Hälfte, ein bisschen mehr. Diese 8 Milliarden Euro könnten wir einsparen. Damit könnten wir den Menschen letzten Endes wieder ein Stückchen Würde zurückgeben, damit sie, wenn sie arbeiten, nicht noch danach aufs Amt gehen müssen. Stattdessen sollten sie von ihrer Arbeit – zumindest wenn sie alleinstehend sind und keine Familie haben – auch halbwegs leben können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das machen Sie nicht, diese Subvention bauen Sie nicht ab. Andere, wo es um Ihre Klientel geht, bauen Sie auf.

Ich komme zum zweiten Punkt. Sie sagen immer, Ihre Ausgaben seien stabil. Dabei geht es – Pi mal Daumen – um 300 Milliarden Euro. 2010 gab es einen Krisenhaushalt mit einem Konjunkturprogramm und mit höheren Sozialausgaben. Wenn Sie davon hätten herunterkommen wollen – das muss ein ganz natürlicher Prozess sein; wenn der Staat einigermaßen steuert, muss er, wenn es besser läuft, die Ausgaben senken -, hätten Sie eine Zahl erreichen müssen, die viel geringer wäre als die von 2010. Da sind Sie aber nicht. Sie haben die Minderausgaben in diesem Bereich nicht genutzt, um deutlich herunterzukommen. Im Gegenteil, Sie haben das Geld, das durch die Steuereinnahmen hereingekommen ist, mehr oder weniger verprasst.

Was die Zinsausgaben angeht, hatten Sie in der Finanzplanung für 2013 11 Milliarden Euro mehr vorgesehen. Die fließen da natürlich hinein. Auch hier gibt es eine Entlastung. Sie machen sich also etwas vor, indem Sie uns hier vorgaukeln, Sie würden mit den Ausgaben halbwegs hinkommen. Das ist nicht der Fall. Wenn Sie die Zahlen real bereinigen, haben Sie durch Aufwüchse oder Subventionsaufbau bzw. -ausbau sogar Mindereinnahmen.

Meine Damen und Herren, das alles führt dazu, dass wir sagen: Dieser Haushalt ist nicht solide. Er hat im sozialen Bereich eine Schlagseite. Hohe Vermögen werden viel zu wenig herangezogen. Sie wollten dadurch, dass Sie das Steuerabkommen mit der Schweiz geschlossen haben – gut, dass der Bundesrat dagegengestimmt hat -, nicht nur auf europäischer Ebene die Zinsrichtlinie – das ist gemeinsame Politik – unterminieren bzw. verhindern, sondern Sie wollten diejenigen, die über Jahrzehnte Geld hinterzogen und schwarz in die Schweiz gebracht haben, noch denjenigen gegenüber privilegieren, die sauber ihre Steuern zahlen.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist – dies ist ganz klar – mit der SPD nicht zu machen. Deswegen bin ich froh, dass der Bundesrat entsprechend entschieden hat.

Sie haben keinerlei Vorsorge für Griechenland getroffen. Herr Minister, Sie waren bei uns in der Fraktion und auch bei den anderen Fraktionen. Ich habe Respekt vor den körperlichen Belastungen, die Sie dadurch hatten. Ich meine, dass es für Europa und auch für alle anderen Minister, die da nächtelang herumsitzen, besser wäre, wenn Sie den Leuten hier in Deutschland endlich die Wahrheit sagen würden, dass nämlich die Rettung Griechenlands und die Stabilisierung des Euro nicht umsonst zu haben sind. Sie und Ihre Fraktion haben sich eingemauert: Sie wollen Griechenland unbedingt in der Euro-Zone halten; aber es darf aber nichts kosten. Das geht nicht auf, die Quadratur des Kreises funktioniert nicht.

Ich komme auf das Signal zu sprechen, das vom Dienstag dieser Woche ausgegangen ist. Da haben Sie bis halb fünf bzw. fünf Uhr nachts getagt. Die Griechen haben alles geliefert, was sie sollten. Die Strategie ist nur gescheitert: Mit reiner Spar- und Austeritätspolitik wurde ihre Wirtschaft letztendlich abgewürgt. Das ist auch eines Ihrer „Verdienste“. Wir haben das von Anfang an gesagt.

Die Strategie ist hinsichtlich eines zweiten Punktes gescheitert. Im Jahr 2010 haben Sie die Privatgläubiger Griechenlands laufen lassen. Sie haben sie letztendlich mit Steuergeld herausgekauft. Das sagt Ihnen auch der neue Wirtschaftsweise heute im Interview im Handelsblatt. Wir haben damals gesagt, dass wir sofort eine Finanztransaktionsteuer einführen und eine Beteiligung der privaten Gläubiger wollen. Jetzt haben wir die Schuldenlast zu tragen. Über kurz oder lang werden wir – das ist klar – nicht um eine stärkere Entlastung Griechenlands herumkommen. Das müsste hier in diesem Bundeshaushalt abgebildet sein, ist es aber nicht.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Im Gegenteil, wenn von dieser Bundesregierung etwas in Erinnerung bleibt, dann, dass sie die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank geopfert hat. Sie wird mehr und mehr zu einem politischen Spieler. Wenn Sie ernsthaft in Erwägung ziehen – und dies am Montag in der Euro-Gruppe verabreden wollen -, dass die Europäische Zentralbank über einen Dispokredit – so kann man die T-Bills auch bezeichnen – mehr oder weniger dauerhaft in die Staatsfinanzierung Griechenlands involviert wird, dann sollten Sie nie wieder über Inflationsbekämpfung, Stabilitätspolitik und unabhängige Geldpolitik reden.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben, weil Sie politisch dazu nicht in der Lage waren, hier im Hohen Haus, in Ihrer Koalition und auch im Land keine Mehrheit für Maßnahmen von Staat zu Staat – Stichwort: ESM -, bei denen wir anderen Ländern Kredite gewähren und sie uns diese dann dank guter Wirtschaftspolitik irgendwann zurückzahlen. Weil Sie sich nicht einigen können, schieben Sie die Europäische Zentralbank vors Loch und zwingen sie mehr oder weniger dazu, politisch zu agieren. Das ist, glaube ich, das, was von dieser Koalition langfristig übrig bleiben wird: eine Veränderung des Mandats der EZB.

In diesem Zusammenhang gab es einen ungewöhnlichen Vorgang, der in Europa einzigartig war: Der Präsident der nationalen Zentralbank, in unserem Fall der Bundesbank, Herr Weidmann – Sie haben ihn ernannt -, hat Ihnen und dieser Politik öffentlich widersprochen. Sie, die Bundeskanzlerin und der Herr Finanzminister, haben sich dann ausdrücklich auf die Seite von Herrn Draghi gestellt. Ich finde, das ist ein bemerkenswerter Vorgang. Dazu sollten Sie auch hier im Deutschen Bundestag einmal Stellung nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Mit der Plünderung der Reserven der Sozialkassen, mit dem Versäumnis, Vorsorge für mögliche bzw. wahrscheinliche Ausfälle Griechenlands zu treffen, mit dem Blick nur auf den Termin der Bundestagswahl, über den Sie irgendwie noch kommen wollen, und mit dem Verschieben aller Lasten in die nächste Legislaturperiode ist dieser Bundeshaushalt nicht nur Makulatur, sondern er ist auch Dokument Ihres Scheiterns, des Scheiterns von Schwarz-Gelb.

Deswegen lehnen wir ihn ab.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt 2013 für die Bundesrepublik Deutschland wird Ende dieser Woche beschlossen werden. Die Bürger dieses Landes haben ihr Urteil über diese Regierung schon gefällt. 70 Prozent der Deutschen sagen, die Regierung Merkel betreibe nur Klientelpolitik.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo sie recht haben, haben sie recht! – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: So ein Blödsinn!)

65 Prozent sagen, die Regierung Merkel kümmere sich nicht um die Zukunftsprobleme dieses Landes.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

Vielleicht sollten Sie sich bei der Bundesregierung informieren. Diese Angaben stammen aus einer Umfrage, die für die Bundesregierung von der Forschungsgruppe Wahlen erstellt wurde. Die Menschen in diesem Lande liegen richtig mit ihrer Einschätzung.

(Beifall bei der SPD – Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU): Diese Umfrage hat der Vorwärts in Auftrag gegeben, gell? Der SPD-Medienpool hat das gemacht!)

Chaos, Verantwortungslosigkeit, Blindheit für die großen Aufgaben, Verschleudern der Zukunftsreserven für irrsinnige Wahlgeschenke, finanzpolitische Trickserei und offensichtlicher Wählerbetrug – das ist der Haushalt 2013, den Sie uns hier vorlegen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Unterste Stufe ist das!)

So taumeln Sie in die Haushaltswoche.

Zu Recht hat sich nicht nur der Sachverständigenrat der Bundesregierung Ihre Politik vorgeknöpft. Sie wollten ihn im Haushaltsausschuss nicht anhören. Sie wollten an dem Tag, an dem der Bericht der Bundesregierung übergeben wurde, nicht, dass wir Mitglieder des Sachverständigenrates im Haushaltsausschuss hören. Angesichts der Ergebnisse, die Ihnen die fünf Wirtschaftsweisen präsentiert haben, kann ich nur sagen: Ich hätte an Ihrer Stelle lieber die Ohren aufgemacht, anstatt auf Durchzug zu stellen.

(Zuruf von der FDP: Aber dann sind die Ohren doch auch auf!)

Sie haben eine Legislaturperiode hinter sich, die mit Klientelpolitik begonnen hat – Stichwort „Möwenpick-Steuer“ – und die mit dem bildungspolitischen Irrsinn des Betreuungsgeldes endet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es war bislang eine Legislaturperiode mit Rekordsteuereinnahmen und den geringsten Ausgaben für den Arbeitsmarkt, in der Herr Schäuble seiner Verantwortung als Finanzminister nicht gerecht wurde. Er hat in dieser Legislaturperiode 112 Milliarden Euro neue Schulden gemacht, und das, obwohl es die höchsten Steuereinnahmen gab, die es in der Bundesrepublik jemals gegeben hat. Die Schuldenlast führt dazu, dass am Ende des Finanzplans die Zinsausgaben in Höhe von bislang 31 Milliarden Euro auf 41 Milliarden Euro steigen werden. Das entzieht uns Gelder, um die Zukunft zu gestalten.

Warum ist das so? Nehmen Sie nur – stilbildend – den letzten Koalitionsausschuss.

(Rainer Brüderle (FDP): Waren Sie dabei?)

Er fand am Sonntag der Woche statt, in der wir den Haushalt im Haushaltsausschuss – vielen Dank, Herr Präsident, für die Anerkennung unserer Arbeit – beschlossen haben. Es ging um viel Geld für Aufgaben, die brachliegen. Sie konnten sich aber nicht einigen, weil Sie keine Kraft mehr haben. Ich zitiere da nur die Süddeutsche Zeitung: Im Endeffekt gebaren Sie eine Maus. – Sie haben sich auf einen Kuhhandel geeinigt:

(Otto Fricke (FDP): Jetzt wird es aber langsam schwierig! Was denn nun: „Maus“ oder „Kuhhandel“?)

Das Betreuungsgeld wurde gegen die Abschaffung der Praxisgebühr getauscht. Der Finanzminister zog es vor, nach Mexiko zu reisen und Vorträge über Konsolidierung zu halten,

(Volker Kauder (CDU/CSU): Vorträge hält Herr Steinbrück!)

anstatt sich darum zu kümmern, Deutschland vor irrsinnigen Maßnahmen zu beschützen.

Meine Damen und Herren, Bundesfinanzminister Schäuble hat in der Finanzpolitik die Hände in den Schoß gelegt. Drei innenpolitische Aufgaben stehen an: erstens Steuerpolitik, zweitens Haushaltskonsolidierung, drittens Schaffung von Ordnung auf den Finanzmärkten. In allen drei Punkten komme ich zu dem Schluss, dass Sie die Hände in den Schoß gelegt haben oder, wie im Steuerbereich, Schlimmeres angerichtet haben.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Ja, was jetzt? – Beatrix Philipp (CDU/CSU): Das ist doch Müll! – Zuruf von der CDU/CSU: Welches Land beschreiben Sie denn?)

Nehmen wir als Erstes den Haushaltsbereich als Beispiel. Angesichts der höchsten Steuereinnahmen, die wir jemals hatten,

(Volker Kauder (CDU/CSU): Das ist ja eine irre Rede!)

und der niedrigsten Zinsausgaben, die daraus resultieren, dass wir die Krisengewinnler Europas sind und die zu einer Entlastung des Haushalts gegenüber der Planung um 11 Milliarden Euro führen, wäre es Ihre Aufgabe gewesen, die Neuverschuldung schon längst auf null zu fahren. Sie haben das nicht geschafft, und das ist Ihr Versagen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ulrich Schneider (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will Ihnen nur zwei Zahlen nennen. Sie beschließen für 2013 neue Schulden von 17,1 Milliarden Euro. Das haben Sie – ich komme noch darauf zu sprechen – mit Trickserei geschönt; eigentlich wären es sogar mehr. Im Jahr 2011, als die Steuereinnahmen geringer und die Sozialausgaben höher waren, haben Sie 17,3 Milliarden Euro Schulden gemacht. Das heißt, es ist Ihnen, obwohl die Einnahmen explodieren und sich die Sozialausgaben um 10 Milliarden Euro verringert haben, weil Sie im Sozialbereich kürzen und die Sozialkassen plündern – das ist der einzige Bereich, in dem Sie zugreifen; Subventionsabbau kennen Sie nicht -, nicht gelungen, die Schuldenlast zu senken. Im Gegenteil: 2012 ist die Neuverschuldung noch einmal explodiert. Jetzt geht die Neuverschuldung wieder auf das Niveau von 2011 zurück.

(Norbert Barthle (CDU/CSU): Drunter!)

Das heißt, dieses Land ist in den letzten zwei Jahren, in denen Sie die Verantwortung für den Bundeshaushalt getragen haben, in die Stagnation regiert worden. Das liegt in Ihrer Verantwortung, meine Damen und Herren. Ich würde mich an Ihrer Stelle schämen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Kauder (CDU/CSU): Der tut einem schon leid!)

Sie können ja einfach nachschauen. Vergleichen Sie die Zahlen von 2011 und 2013!

Nehmen Sie zwei entscheidende Punkte zur Kenntnis: 12 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen und um 9,8 Milliarden Euro geringere Sozialausgaben. Das macht zusammen fast 22 Milliarden Euro. Die Zinsen sind in etwa gleich geblieben. Die Kreditaufnahme bleibt aber bei 17 Milliarden Euro. Ich frage mich: Wo sind die 22 Milliarden Euro hin?

(Volker Kauder (CDU/CSU): Ja, wo sind sie denn?)

Sie haben es nicht geschafft, Kraft aufzubringen,

(Volker Kauder (CDU/CSU): Frau Kraft macht Schulden! Ja, richtig!)

um die Aufgabe zu meistern, die Sie wirklich hätten erledigen sollen, nämlich die Neuverschuldung in Deutschland endlich auf null zu fahren; stattdessen schulmeistern Sie in Europa. Sie sind an Ihrer Aufgabe gescheitert.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf des Abg. Volker Kauder (CDU/CSU))

Herr Kauder, soll ich Ihnen einmal sagen, was Sie im Haushalt 2013 alles beschlossen haben? Ich weiß gar nicht, ob Sie davon Kenntnis haben.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Noch haben wir gar nichts beschlossen! Der wird am Freitag beschlossen, junger Mann! – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

– Ich nenne Ihnen einmal ein paar Punkte, an denen Sie Kürzungen vornehmen können, drei Punkte, die Ihre Kollegen durchgesetzt haben:

Erstens, ein kleines Beispiel dafür, womit Sie sich beschäftigen. Im Verteidigungsbereich geben Sie für ein Bundeswehrmuseum 1 Million Euro mehr aus. Sie kürzen aber einen gleich hohen Betrag bei den Betriebskosten, das heißt beim Sprit. Wenn Sie für die Panzer kein Benzin mehr bereitstellen, können Sie sie auch ins Museum stellen. Das ist Ihre Art von Zukunftspolitik.

(Beifall bei der SPD – Otto Fricke (FDP): Wie viel war das jetzt?)

Zweitens. Für den Schaufelraddampfer „Kaiser Wilhelm“ haben Sie Geld, aber beim Goethe-Institut kürzen Sie 8 Millionen Euro. Dabei ist es doch wichtig, dass wir die Kulturpolitik im Ausland und damit die deutsche Sprache fördern.

(Beifall bei der SPD)

Was machen Sie stattdessen? In einer Nacht-und-Nebel-Aktion werden 10 Millionen Euro für den Neubau eines sudetendeutschen Museums in München bereitgestellt.

(Zuruf von der FDP: Das ist auch richtig!)

Das ist Ihre Zukunftspolitik. Da kann ich nur sagen: Gute Nacht!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Zukunftsweisend wäre es gewesen, wenn Sie in der Hochphase der Konjunktur die Schulden gesenkt hätten, um Reserven für schlechte Zeiten aufzubauen. Dass schlechte Zeiten eventuell kommen, sieht man an der Situation im Euro-Raum. Schauen Sie sich die Wachstumsaussichten für Deutschland an: 0,7 Prozent!

(Rainer Brüderle (FDP): Frankreich!)

Sie haben sie höher eingeschätzt und 1 Prozent zugrunde gelegt. Schon darin besteht ein hohes Haushaltsrisiko. Sie lagen daneben, und nun plündern Sie die Sozialkassen.

Man hätte im Zuge der Beratungen zum Haushaltsbegleitgesetz über eine einmalige Absenkung des Gesundheitszuschusses um 2 Milliarden Euro reden können, wenn gemeinsame Gespräche aufgenommen worden wären. Aber da Sie für die Beglückungsaktion der Kleinpartei CSU in der Koalition Geld brauchen – ich erinnere an die Sonntagsnummer Betreuungsgeld -, haben Sie weiter wild in die Sozialkassen und in den Gesundheitsfonds gegriffen. Dabei geht es um einen Betrag von fast 6,5 Milliarden Euro, der dem Gesundheitsfonds entzogen wird. So verfahren Sie auch in der Rentenversicherung. Sie haben die vorhandenen Überschüsse, die wir aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage und der gerechtfertigten guten Lohnabschlüsse erzielen konnten, geplündert. Wenn Sie sich die Regeln für die Schuldenbremse genauer anschauen, dann stellen Sie fest, dass Sie diese Defizite in der Sozialversicherung in den Haushalten ab 2014 auffangen müssen. Aber da werden Sie nicht mehr regieren.

Mein Fazit Ihrer Haushaltspolitik ist: Nach mir die Sintflut!

(Bettina Hagedorn (SPD): Genau!)

Sie sehen nur noch zu, dass Sie über den Wahltag kommen; danach können die anderen den Scherbenhaufen wieder aufkehren. Das ist keine zukunftsweisende Politik.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Optimist!)

Herr Schäuble, ich frage mich: Wo stehen Sie eigentlich innenpolitisch? Das fragt sich nicht nur die SPD, sondern die gesamte deutsche Presselandschaft. Ich habe ein paar Zitate mitgebracht. Das Handelsblatt titelte: „Das erschöpfte Bündnis“, „Sparen? Fehlanzeige“. Die Süddeutsche Zeitung schrieb: „Eine sogenannte Koalition“. Es gab Streit darüber, wann der Haushalt strukturell ausgeglichen sein wird: 2013 oder 2014? Ist das eine rote oder eine schwarze Null? Die FDP mit Herrn Rösler an der Spitze hat sich groß mokiert, im Endeffekt gebaren Sie aber eine Maus. Daher titelte die Frankfurter Rundschau :

(Volker Kauder (CDU/CSU): Gibt es die noch? – Otto Fricke (FDP): Die gehört doch euch!)

„Die Null soll stehen – nur welche? Bundesregierung verspricht ausgeglichenen Haushalt ? und macht weiter Schulden“. – So ist es!

(Beifall bei der SPD – Otto Fricke (FDP): Es ist peinlich, als SPD-Mann die Frankfurter Rundschau zu zitieren!)

Lassen Sie mich als letztes eine Überschrift des Handelsblatts zitieren: „Wo steckt Schäuble“? In der deutschen Innenpolitik ist er, zumindest aktiv, nicht mehr zu erkennen.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Da drüben ist er doch! Gucken Sie doch hin!)

In Europa gebärden Sie sich als Schulmeister. In Deutschland hingegen schaffen Sie es nur durch Buchungstricks, eine niedrigere Neuverschuldung auszuweisen als im Jahre 2011. Dabei handelt es sich um die Einnahmen aus der Privatisierung der Treuhand Liegenschaftsgesellschaft. Gestern wurden viele Wohnungen in Ostdeutschland an einen Finanzinvestor verkauft. Wir als SPD wollten angesichts der angespannten Mietsituation, des Bedarfs an Wohnraum gerade im städtischen Bereich, nicht, dass die Wohnungen verkauft werden. Sie haben es getan. Das ist meines Erachtens ein großer Fehler, weil Sie dem Bund damit den letzte Möglichkeit zur Einflussnahme auf Wohnungspolitik und Städtebau genommen haben. Die erzielten Einnahmen verschieben Sie einfach in das nächste Jahr, um den Haushalt noch irgendwie zu retten. Das zeugt nicht gerade von einer klaren Linie, sondern von einem Schlingerkurs, und das ist eines Bundesfinanzministers unwürdig.

(Beifall bei der SPD)

Im Steuerbereich ist ebenfalls nichts passiert. Das Einzige war die milliardenschwere, zusätzliche Subvention für die Hoteliers. Herr Rösler, Sie sind nicht nur Vorsitzender der FDP, sondern auch Bundeswirtschaftsminister und verfügen damit über den größten Subventionsetat des Bundes. Hieran hat sich kein Cent geändert. Die Subventionen sind geblieben, wie sie waren. Da, wo es um Finanzpolitik bzw. um einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz geht, haben Sie sogar noch einen oben draufgelegt. Das ist nicht gerecht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zurufe bei der FDP)

– Da ich gerade die Zurufe der Kollegen von der FDP höre: Ich warte immer noch, dass Sie endlich einmal Ihr Liberales Sparbuch – diese 8 Milliarden Euro – dem Bundestag zur Abstimmung vorlegen. Das ist aber genauso versenkt worden wie Ihre Überzeugung beim Thema „Betreuungsgeld“. Sie stimmen nur noch über das Überleben Ihrer Partei im nächsten Jahr ab. Meine Damen und Herren, seien Sie aber sicher: Dies wird ein Ende haben.

Wir Sozialdemokraten setzen dem einen klaren Kurs entgegen: ausgeglichene Haushalte so schnell wie möglich. Wir wollen nicht, dass sich die Deutschen, wenn sie der Bundesrepublik Deutschland Kredit geben wollen, nur noch an Banken wenden können. Was bedeutet das? Sie haben beschlossen, dass der Bundesschatzbrief abgeschafft wird, dass es nicht mehr möglich ist, persönlich und direkt bei seinem Staat Geld anzulegen. Man muss nun immer automatisch den Weg über die Banken gehen.

(Otto Fricke (FDP): Vielleicht über die Sparkassen?)

Das, meine Damen und Herren, ist ein großer Fehler.

(Beifall bei der SPD)

Es zeigt aber, unter welcher Fuchtel und unter welchem Lobbyeinfluss Sie hier stehen.

(Otto Fricke (FDP): Haben Sie vielleicht ein Misstrauen gegenüber Sparkassen?)

Das trifft ebenso auf den Finanzsektor zu. Frau Bundeskanzlerin, Sie haben hier – ich glaube, es war im Jahr 2010 – gestanden und gesagt, es werde nie wieder passieren, dass der Staat für die Banken in diesem Land haftet. Dann gebaren Sie wieder eine Maus: Eine Bankenabgabe soll nun dafür sorgen, dass, wenn eine Bank pleitegeht, der Staat nicht zahlen muss. Wie hoch sind eigentlich die Einnahmen aus dieser Abgabe? – 500 Millionen Euro pro Jahr! Meine Damen und Herren, damit können Sie vielleicht eine mittlere Sparkasse retten, aber nicht einmal eine mittlere Großbank.

(Otto Fricke (FDP): Zahlt die Sparkasse da ein?)

Das heißt, aufgrund Ihrer Politik wird der Steuerzahler in der Haftung bleiben. Sie schaffen kein Recht und keine Ordnung im Finanzsektor, im Gegenteil.

Wenn ich mir nur die gestrigen Empfehlungen zu den Schattenbanken anschaue, sehe ich, dass da mittlerweile ein richtiger Krake entstanden ist, der gefährlicher als alles ist, was wir bisher gesehen haben. Da frage ich mich: Wo sind Ihre Initiativen hier im Deutschen Bundestag, um diesen Schattenbanksektor zu regulieren? Nichts ist passiert. Auch bei der Bankenregulierung haben Sie versagt.

(Beifall bei der SPD)

Zum letzten Punkt. Herr Minister, Sie fahren heute zur Euro-Gruppe nach Brüssel, um über Griechenland zu entscheiden. Ich hoffe, dass Sie endlich entscheiden. Vor allen Dingen hoffe ich, dass Sie endlich Ihre Position korrigieren und nicht mehr nur den Wahltag im September 2013 im Blick haben, sondern dass Sie eine Lösung für Europa vorschlagen, die dauerhaft tragfähig ist. Das bedeutet, dass Sie mit Ihrer Vernebelungs- und Verschleierungstaktik aufhören müssen. Sie haben hier im Jahr 2010 gesagt: Für Griechenland gibt es 22,4 Milliarden Euro, keinen Cent mehr. – Wir haben immer gesagt: Auch Wirtschaftswachstum wird benötigt, und es ist eine Beteiligung der Reichen in Griechenland an der Sanierung erforderlich. Das haben Sie negiert. Sie haben, innenpolitisch begründet, auf den Applaus zu Hause gesetzt, ohne das Große im Blick zu haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen: Kommen Sie nun mit einer dauerhaft tragfähigen Lösung zurück, aber nicht mit einer, die verschleiert. Wir sind mittlerweile in einer Situation, wo es sich eher – egal, ob Sie das Kredit nennen – um einen Transfer als um einen Kredit handelt. Ich finde, das müssen Sie der deutschen Öffentlichkeit klar sagen; denn wir brauchen diese Sicherheit, damit es in Europa auch zukünftig weitergeht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Externer Link

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese dritte Fortschreibung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes ist sicherlich nicht einzig und allein die vertrauensbildende Maßnahme, auf die Kollege Kampeter eben hingewiesen hat; denn zwingend notwendig wäre neben dieser Verlängerung – vor einem Jahr waren Sie ja noch der Auffassung, Sie bräuchten das nur noch für ein Jahr -, dass wir eine stärkere Regulierung auf den Finanzmärkten dahin gehend zustande bringen, dass große Banken den Staat künftig nicht mehr erpressen können, indem sie gefährliche Geschäfte machen, ihre Gewinne privatisieren und im Verlustfall den Steuerzahler haften lassen. Das ist nicht akzeptabel.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Kampeter, darauf gibt dieser Gesetzentwurf aber keine Antwort. Ihre Maßnahmen zur Abwicklung von Banken sind eine Fortsetzung oder ein Aufgreifen eines Gesetzentwurfs von Peer Steinbrück und Brigitte Zypries, der Restrukturierungs- und Abwicklungsmöglichkeiten enthielt, die Sie nun in einen Gesetzentwurf gegossen haben. Das ist in Ordnung. Nicht in Ordnung ist, dass dann, wenn eine Bank einmal abgewickelt werden sollte, was in einem Markt möglich sein muss, dafür der Steuerzahler haftet, nicht aber der Bankensektor selbst.

(Beifall des Abg. Bernd Scheelen (SPD))

An diesem Punkt bleiben Sie einfach deutlich zurück, und dies auf zwei Ebenen: Die erste ist die europäische Ebene, und die zweite ist die nationale Ebene. Zur nationalen Ebene kann man ganz klar sagen: Ihnen ist es nicht gelungen, den Bankensektor in Deutschland neu zu strukturieren.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kampeter, nehmen wir einmal als Beispiel die Landesbanken. Sie selbst haben zu einem großen Gipfel eingeladen – ich glaube, das war im Jahre 2010 -, bei dem es darum ging, wie denn der Landesbankensektor – der grundsätzlich ein Problem ist – neu strukturiert werden soll. Ergebnis: Fehlanzeige. Dies wird Ihnen auch von der Europäischen Kommission bestätigt. Es ist in der Tat richtig, dass es hier eine Lücke, gibt. Sie haben sich nicht darum gekümmert.

(Otto Fricke (FDP): Gerade bei den Landesbanken!)

Der zweite Fehler betrifft die ganz zentrale Frage, wer hier eigentlich dafür zahlt. Sie korrigieren sich hier in diesem Gesetzentwurf erstmals. Wenn eine Bank abgewickelt wird, soll die Verluste also der Bankenhaftungsfonds tragen. In diesen Fonds kommt pro Jahr aber nur eine halbe Milliarde Euro hinein, weil Sie die Banken schonen. Ich nehme die Deutsche Bank als Beispiel: Dafür, dass Sie so groß und systemrelevant ist, hat sie in der Refinanzierung gegenüber Sparkassen und Kleinbanken einen Zinsvorteil von 2,5 Milliarden Euro pro Jahr. Ich finde, diese 2,5 Milliarden Euro müsste man abschöpfen.

(Beifall bei der SPD – Otto Fricke (FDP): Was?)

– Dies müssten Sie korrigieren, ja.

(Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Soll die auch noch notleidend werden?)

– Lesen Sie die Studie des Internationalen Währungsfonds von Frau Weder di Mauro, einem ehemaligen Mitglied im Sachverständigenrat, in der sie ganz klar sagt: Weil die Deutsche Bank so groß ist, dass sie nicht pleitegehen kann, der Staat sie nicht pleitegehen lassen darf, was natürlich auch alle anderen Partner wissen, bekommt sie so günstige Zinsen, um sich zu refinanzieren. – Ihr Wettbewerbsvorteil macht in Summe 2,5 Milliarden Euro aus. Dafür sind wir Garantiegeber. Wir bekommen nur nichts. Ich finde, da müssten Sie handeln, damit unsere Leistung auch bezahlt wird.

(Beifall bei der SPD – Otto Fricke (FDP): Gilt das auch für die Sparkassen?)

Hier in Deutschland schöpfen Sie mit diesem Restrukturierungsgesetz die Vorteile, die der Bankensektor hat, tatsächlich nicht ab, sondern lassen mehr oder weniger die Steuerzahler haften.

Der zweite Punkt betrifft die europäische Dimension. Auf der europäischen Ebene ist zwingend notwendig, dass wir zu dem von Herrn Draghi am Mittwoch vor dem Haushalts- und Finanzausschuss skizzierten Konzept einer stärkeren Bankenunion, eines gemeinsam strukturierten Bankenmarktes mit klaren Regeln kommen. Nun hat Ihre Bundeskanzlerin auf dem EU-Gipfel am 29. Juni 2012 zugesagt, eine Bankenaufsicht einzuführen; das ist so weit in Ordnung. Aber dass die von denjenigen Ländern, die in der Vergangenheit Schindluder mit ihren Banken getrieben haben, deren Bankenaufsicht schlecht war, die sich nicht gekümmert haben und die zu große Banken hatten – für deren Risiken müssen jetzt andere einstehen; ich denke hier an Irland und Spanien – verursachten Kosten vom Euro-Rettungsfonds, das heißt, vom deutschen Steuerzahler und von anderen europäischen Steuerzahlern, getragen werden müssen, ohne dass die Banken einen Cent dafür bezahlen, ist nicht akzeptabel.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben vorhin das Thema Vertrauen angesprochen. Wir haben jetzt durch die Maßnahmen der EZB ein bisschen Ruhe. Es ist eine Scheinruhe; ich glaube nicht, dass sie lange anhält. Zwingend notwendig ist, dass wir auf europäischer Ebene zu einem klaren Rechtsrahmen im Bankensektor kommen. Jetzt zögern Sie das aber immer weiter hinaus. Sie tun das nicht, weil Sie die Bankenaufsicht nicht wollten, sondern deswegen, weil Sie vor der Bundestagswahl keine Entscheidung wollen, dass europäische Banken durch deutsches Steuergeld rekapitalisiert werden. Das haben Sie aber zugesagt. Ich finde, dazu müssen Sie auch stehen. Das müssen Sie jetzt auch durchführen, zumindest hinsichtlich der Bankenaufsicht. Das sollten Sie nicht auf die lange Bank schieben; denn das würde letztendlich zu einem Verlust an Vertrauen und höheren Gemeinkosten führen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Roland Claus (DIE LINKE))

Eines kann ich Ihnen nicht ersparen: Die Bankenrettung in Deutschland war nicht umsonst. Für die Hypo Real Estate, für Teile der WestLB und für andere Bereiche fallen Kosten an. Wir haben schon 2008, bei der ersten Lesung – Kollege Kampeter, das wissen Sie ganz genau -, vorgeschlagen, dass die Banken dafür haften. Die CDU/CSU hat dies damals verhindert. Sie sind jetzt zu einer anderen Einsicht gelangt. Das ist gut. Nur: Ihre Nichteinsicht vor vier Jahren hat dazu geführt, dass jetzt die Steuerzahler und nicht die Banken einen zweistelligen Milliardenbetrag finanzieren müssen; das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Roland Claus (DIE LINKE))

Der Haushaltsausschuss hat beschlossen, nochmals Experten zu diesem Thema anzuhören, zumindest schriftlich. Wir werden konstruktiv an diesem Gesetzentwurf mitarbeiten. Die zentralen Fragen sind unseres Erachtens noch nicht beantwortet. Erstens: Wie kann verhindert werden, dass eine Bank einen Staat erpressen kann? Zweitens: Wie kann dafür gesorgt werden, dass die Kosten einer Bankenpleite, auch rückwirkend, nicht vom Steuerzahler, sondern vom Bankensektor selbst getragen werden?

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

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