Pauline Müller Jugend im Parlament„Dank einer Einladung von Carsten Schneider durfte ich vom 4.-7. Juni 2016 am Planspiel ‚‚Jugend und Parlament‘‘ des Bundestags teilnehmen. Für vier Tage schlüpfte ich in die Rolle der Abgeordneten Christine Kogelnig, einer 51-jährigen Ingenieurin aus Berlin.

Wie auch die über 300 anderen Teilnehmer wurde ich zu Beginn einer von vier fiktiven Parteien zugeordnet, für deren Ziele ich mich fortan bei der bei der Entscheidungsfindung einsetzen würde. Behandelt wurden Gesetzvorschläge zu den Themen Direkte Demokratie, Tierschutz in der Landwirtschaft und der Verankerung der deutschen Sprache als Landessprache im Grundgesetz sowie ein Antrag der Bundesregierung zu einem Einsatz der deutschen Bundeswehr im fiktiven, von Islamisten terrorisierten Sahelien.

‚‚Meine‘‘ Partei, die Christliche Volkspartei, bildete hierbei das Pendant zur CDU/CSU und gemeinsam mit der Arbeiterpartei Deutschlands eine Große Koalition. Zu kämpfen hatten wir in den regen Diskussionen vor den Abstimmungen vor allem mit den oft konträren Vorstellungen der Abgeordneten der ÖVP (‚Grüne‘) und PSG (‚Linke‘) der Opposition.

Für Abgeordnete beginnen die Tage früh und enden spät – das bekamen wir deutlich zu spüren. Wir eilten von einer Sitzung in die nächste, wurden selbst in einer kleinen Pause noch von der Presse befragt und auch untereinander drehten sich die Gespräche nur um eines: Politik. Mal kurz den Kopf freikriegen? Pustekuchen!

Durch die Behandlung der Themen in Landesgruppen, Fraktionen, Ausschüssen und Arbeitsgruppen entstand eine große Realitäts- und Praxisnähe. Zwar wurden uns Sitzungsbetreuer zur Seite gestellt, doch diese ließen uns zumeist sehr frei diskutieren und unseren eigenen Umgang miteinander finden. Wichtig war vor allem, damit umgehen zu können, dass man sich nicht immer durchsetzen kann, Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren und auch mal auf die Ergebnisse anderer Arbeitsgruppen zu vertrauen. Denn die Zeit, sich mit allen Gesetzvorschlägen bis in das letzte Detail auseinanderzusetzen, hatte keiner von uns – parlamentarische Arbeitsteilung eben.

Dennoch herrschte auch innerhalb der Fraktion nicht immer Einigkeit, sodass wir bei der Abstimmung zum Beschluss Tierschutz in der Landwirtschaft zerworfen auftreten mussten. Ausschlaggebend war, dass eine knappe Hälfte der Fraktion einen Paragraphen unseres Entwurfes wieder hatte streichen wollen, während die andere auf dessen Wichtigkeit beharrte. Immerhin kamen wir so dazu einen richtigen ‚‚Hammelsprung‘‘ durchzuführen.

Eine der größten Herausforderungen war für diejenigen von uns, die nicht der eigenen Partei zugeteilt wurden sicherlich, nicht die eigene Meinung vertreten zu können sondern sich auf eine abweichende Sichtweise einzulassen. Auffallend war, wie unterschiedlich gut es den Teilnehmern gelang, sich ihrer Rolle anzupassen. Während manche die fiktiven Lebensläufe sogar für ihre Argumentation zu nutzen wussten und ihre Rollen weitersponnen, fiel es anderen wiederum sehr schwer andere Denkansätze nachzuvollziehen und zu vertreten. Umso deutlicher wurden wir uns der realen parlamentarischen Praxis in den fraktionsübergreifenden Diskussionen bewusst – dem teils übermäßigen Selbstbewusstsein und enormen Durchsetzungszwang unserer Fraktion stand stets die durch Extreme geprägte Starrköpfigkeit kleinerer Fraktionen gegenüber. Beiderlei Haltungen gestalteten die Kompromissfindung schwieriger als zunächst angenommen. Für uns hatte das zur Folge, dass wir während der lebhaften Debatten sehr genau auf seine Wortwahl achten mussten.

Das umfangreiche Programm des Planspiels enthielt neben den Sitzungen auch Pressegespräche, eine Führung durch die Häuser des Bundestags, eine Kuppelbesichtigung, Treffen und Debatten mit Abgeordneten. Abends gab es noch die Möglichkeit Berlin auf eigene Faust zu erkunden.

Das Planspiel bietet in meinen Augen eine einzigartige Chance, Gesetzgebung zu erleben und einen Eindruck vom Leben und Wirken eines Politikers zu bekommen, aber auch viele aufgeweckte und engagierte Jugendliche aus ganz Deutschland kennenzulernen. Während anfangs die meisten von uns noch mit großen Augen durch das Reichstagsgebäude schlichen, fühlten wir uns am Ende der vier Tage im Plenarsaal wie zu Hause. Aber nicht nur das, auch Diskussions- und Kompromissfähigkeit wurden stark gefordert und gefördert.

Zusammenfassend kann ich nur festhalten, dass die vielen, vielen Eindrücke und Erfahrungen der Tage im Bundestag eine enorme Bereicherung sind und so einiges dazugelernt habe.

Ich kann es jedem politisch interessierten Jugendlichen nur sehr ans Herz legen, sich um eine Teilnahme am Planspiel zu bewerben. Hier findet sich noch ein informatives Video über das Planspiel.“