Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Karawanskij, Sie haben eben einen Widerspruch zwischen öffentlicher Sicherheit und sozialer Sicherheit aufgemacht. Diesen Widerspruch sehe ich nicht. Ich sehe ihn auch nicht in diesem Haushalt abgebildet, der ja die Grundlage für die Arbeit der Bundesrepublik bildet: Denn wir haben sowohl die öffentliche Sicherheit gestärkt – ich weiß nicht, ob das bei Ihnen unstrittig ist; wenn ich mir die eine oder andere Äußerung aus Ihren Reihen anhöre, habe ich den Eindruck, dass zumindest Teile von Ihnen Probleme haben mit öffentlicher Sicherheit, Polizei und Staat – als auch die soziale Sicherheit gestärkt.

Deswegen kann ich frohgemut sagen: Die SPD-Fraktion wird diesem Haushalt 2017 zustimmen. Das ist in der Tat ein sehr guter Haushalt, der Deutschland voranbringen wird, sowohl im Zusammenleben der Menschen untereinander – das ist die soziale Frage – als auch international.

Ich will auf einzelne Aspekte eingehen – auch auf den europäischen Aspekt, den Herr Minister Schäuble angesprochen hat. Ehrlicherweise muss ich sagen: Eine solche Haushaltsrede hätte ich mir vor zehn Jahren nicht vorstellen können. Entgegen dem, was Herr Kindler gesagt hat, haben wir eine Situation, die nicht allein durch Sparen geprägt ist. Im Vollzug des Haushalts werden wir wahrscheinlich Überschüsse haben, obwohl wir die Bedarfe, die für die Zukunft Deutschlands notwendig sind, auskömmlich finanzieren.

Der erste Punkt: Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau, auf den schon hingewiesen worden ist, werden verdreifacht. Es wird schwer, diese Mittel noch sinnvoll und effizient einzusetzen. Unser Ziel ist ja nicht, dass sich nur die Gewinne der Unternehmen erhöhen, die diese Aufträge dann ausführen. Vielmehr brauchen wir Preise, die noch angemessen sind. Schließlich wollen wir auch effizient und sinnvoll mit dem Geld der Steuerzahler umgehen.

Es erfolgt also eine Verdreifachung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau. Das ist ein großer Erfolg von Sigmar Gabriel mit dem Solidarprojekt für Deutschland.

(Beifall bei der SPD)

Die Investitionsmittel für die Kommunen – in den Kommunen ist die größte Substanz, weil sie die meisten Schulen und Gebäude besitzen; der Bund hat ja überhaupt nicht so viel Eigentum, sodass er konjunkturpolitisch gar nicht so stark steuern kann – erhöhen wir noch einmal um 3,5 Milliarden Euro. Damit stellen wir den finanzschwachen Kommunen 7 Milliarden Euro für Investitionen zur Verfügung, um die gleichen Chancen und insbesondere auch die gleichen Lebensverhältnisse in Deutschland herzustellen.

Wir haben die Investitionen insgesamt auf 11 Prozent erhöht. 11 Prozent, das ist gewaltig. Das sind Zukunftsinvestitionen; denn nur wenn ich heute investiere, habe ich in Zukunft einen Ertrag davon, wenn der Kapitalstock nicht nur bei Unternehmen, sondern auch parallel beim Staat steigt. Von Austerität, Herr Kindler, kann zumindest in Deutschland keine Rede sein. Es ist eher das glatte Gegenteil der Fall.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir steigern die Ausgaben des Jahres 2013 in Höhe von 308 Milliarden Euro auf jetzt 329 Milliarden Euro, bei sinkenden Zinsausgaben. Das heißt, real sind die Ausgaben sogar noch mehr gestiegen. Irgendwann ist die Situation erreicht, wo ich sage: Die Ausgaben müssen auch noch sinnvoll sein.
Der zweite Punkt ist der soziale Zusammenhalt. Für uns als Sozialdemokraten ist das besonders wichtig. Es stehen in dieser Woche in der Koalition noch einige Entscheidungen an. Ich nenne hier die Rente. Wir haben eine Steigerung der Rente im Osten von über 6 Prozent und zwar aufgrund der Einführung des Mindestlohns, den wir Sozialdemokraten durchgesetzt haben; dadurch gibt es höhere Löhne und dementsprechend höhere Renten , im Westen von über 4 Prozent. Was wir jetzt aber noch machen müssen und die SPD auch durchsetzen wird, ist die Ost-West-Angleichung bis 2020. Es ist ganz entscheidend, dass wir in Deutschland nach 30 Jahren ein einheitliches Rentenrecht erhalten.

(Beifall bei der SPD)

Dritter Punkt: Es gibt im Sozialstaat immer noch Lücken, die man füllen muss. Ein ganz offensichtlicher Mangel besteht bei der Situation von Alleinerziehenden. Dabei handelt es sich zum großen Teil um erwerbstätige Frauen. Trotzdem verfügen sie nicht über genügend Geld. Hier liegt die Armutsquote bei 30 Prozent. Das ist nicht hinnehmbar. Aus diesem Grund haben wir Sozialdemokraten ich bin froh, dass die Union zugestimmt hat, uns dafür ausgesprochen, dass der Unterhaltsvorschuss nicht mehr auf Kinder bis zum 12. Lebensjahr begrenzt ist danach werden die Kinder erst richtig teuer, sondern dass er ohne zeitliche Begrenzung der Bezugsdauer bis zum 18. Lebensjahr gezahlt wird. Das hilft insbesondere denjenigen Kindern, die finanziell in einer schwierigen Situation sind.

(Beifall der Abg. Ulrike Gottschalck (SPD))

Ich finde, das ist nicht nur vertretbar, sondern es ist notwendig, um den sozialen Zusammenhalt in Deutschland zu stärken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir sind die größte Volkswirtschaft in der EU. Ohne Deutschland geht in der Europäischen Union relativ wenig. Wir haben in den letzten Jahren heftige Auseinandersetzungen über die Frage von Hilfspaketen für andere Länder gehabt. Der Minister hat vorhin die verschiedenen Zahlen erwähnt und die Kommission für die Empfehlungen kritisiert, die sie uns im Rahmen der Begutachtung des Haushalts gemacht hat. Sie hat uns empfohlen, mehr in Forschung, in Infrastruktur und auch in die Integration von Asylbewerbern zu investieren, weil wir den fiskalischen Spielraum dafür hätten. Wenn man sich das sehr genau ansieht, dann erkennt man, dass wir das alles tun – ob im ausreichenden Maße, sei bezüglich der Länder und Kommunen dahingestellt. Aber wir engagieren uns hier so, wie wir es können.
Es gibt aber noch eine zweite Komponente, und das ist die Privatwirtschaft. Wenn ich mir das in Deutschland ansehe, dann stelle ich fest, dass wir eine sehr gute wirtschaftliche Situation haben. Wir haben uns im Zuge der Finanzreformen in der EU ein neues Regularium gegeben, sowohl bei Defiziten als auch bei Überschüssen. Wir sind in der Situation, dass wir einen Leistungsbilanzüberschuss haben. Er liegt jetzt bei 9 Prozent. Das heißt, in Deutschland produzieren wir Waren, exportieren sie und bekommen dafür Schuldscheine zurück. Das läuft meistens über die Banken. Es ist die Frage, ob diese Schuldscheine tatsächlich etwas wert sind.

Die Kommission soll einschreiten wir haben uns selbst diese Regel gegeben, wenn der Leistungsbilanzüberschuss über 6 Prozent liegt. Wir verletzen also diese Regel. Deswegen ist es klug, darüber nachzudenken, wie wir zu mehr privaten Investitionen in Deutschland kommen können. Das ist aller Schweiß der Edlen wert. Es geht auch um die Frage: Wie viel Geld haben die Menschen tatsächlich zur Verfügung? Ich meine, dass wir insbesondere untere und mittlere Einkommen sowie Familien mit Kindern finanziell stärker entlasten können. Es macht ja keinen Sinn, ihnen das Geld erst wegzunehmen und es dann über Sozialleistungen, Transfers oder Steuersubventionen zurückzugeben.

Unser Schritt wäre, dass das Steuerdumping, das einige Länder Großbritannien vorneweg ankündigen und wodurch die internationale Zusammenarbeit mehr oder weniger aufgekündigt wird, ein klares Stoppsignal erfährt. Nur wenn wir Großunternehmen gerecht besteuern, wird es uns gelingen, insgesamt zu einer gerechten Besteuerung zu kommen.

(Beifall bei der SPD)

Der Buchhändler bei mir vor Ort soll die gleiche Wettbewerbssituation vorfinden wie ein Versandhändler wie Amazon, der fast gar keine Steuern zahlt. Das ist von zentraler Bedeutung. Wenn die Kommission die Problematik des zu hohen Leistungsbilanzüberschusses aufgreift, würde ich nicht so harsch reagieren; denn im Kern haben wir sie damit beauftragt, dies zu tun. Wir verletzen diese Regeln.

Ich will Ihnen einen letzten kurzen Ausblick geben. Die Amerikaner werden in den nächsten Jahren sehr viel investieren. Sie werden dies über Schulden finanzieren. Dort werden die Zinsen steigen. Was werden die deutschen Lebensversicherungen und Banken mit dem Geld der Deutschen machen? Sie werden es dort anlegen. Das heißt, wir werden einen Kapitalausfluss aus Deutschland, aus Europa in die USA beobachten. Ich weiß nicht, ob es Potemkinsche Dörfer sind. Aber die Frage, ob das Geld tatsächlich gut angelegt ist oder besser angelegt werden kann, ist eine Frage, die für die Finanzstabilität von zentraler Bedeutung ist. Deswegen sollten wir alles unternehmen, damit die Zinsen auch in Deutschland wieder steigen. Sie steigen nur dann, wenn auch hier genügend Anlageformen zur Verfügung stehen.

Deswegen sind Investitionen der Realwirtschaft, der Unternehmen selbst – sie sollen nicht nur Dividenden ausschütten, sondern auch investieren –, von zentraler Bedeutung. Alles, was wir dafür tun können – Binnennachfrage stärken, Kaufkraft stärken, Investitionen in Forschung und Entwicklung stärken –, ist aus meiner Sicht die richtige Antwort. Einen großen Teil der Antworten geben wir schon mit diesem Haushalt, aber es bleibt auch noch einiges zu tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)