Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Kollegin Tillmann, die Frage des Finanzplanungsrates ist unstrittig. Dem ursprünglichen Gesetzentwurf hätten wir auch zugestimmt. Nicht unstrittig ist allerdings eine maßgebliche Veränderung des Gesetzes, die Sie am gestrigen Tag im Haushaltsausschuss vorgenommen haben. Sie haben nämlich dieses Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrates genutzt,

(Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Missbraucht!)

um eine maßgebliche Änderung am Konjunkturprogramm vorzunehmen. Sie haben es missbraucht. Das haben Sie entgegen allen Empfehlungen getan, die sowohl der Präsident des Bundesrechnungshofes als auch der Bauindustrieverband, Sie selbst und die Bundesregierung, vertreten durch das Bundesfinanzministerium, gegeben haben.
Worum geht es? Im Konjunkturprogramm war festgelegt: 10 Milliarden Euro an Investitionen gehen an die Gemeinden. Sie müssen diese Mittel aber kofinanzieren, sodass wir auf 13 Milliarden Euro kommen. Da geht es nun um einen Effekt der Zusätzlichkeit. Das war Bedingung. Diese Bedingung haben wir im Haushaltsausschuss des Bundestages vor ungefähr einem Jahr eingefügt. Heute geschieht Folgendes: Genau diese Bedingung, die wir mit vier Fraktionen   die Linke hat nicht zugestimmt   eingefügt haben, streichen Sie nach dem Willen und auf Druck des Bundesrates wieder. Warum?

(Heinz-Peter Haustein (FDP): Wir sind lernfähig!)

Zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz, wie Sie Ihr Klientelbegünstigungsgesetz genannt haben, gab es formelle Zusagen der Bundeskanzlerin, dass Sie dies für die Länder ändern werden, damit sie diesem unsinnigen Gesetz zustimmen, das zu mehr Steuerunsicherheit und Steuerausfällen geführt hat. Meine Damen und Herren, das war eine Erpressung, der Sie nachgegeben haben. Das ist eine Kastration des Bundestages, und es ist finanzwirtschaftlich ein Desaster.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Otto Fricke (FDP): Kindergelderhöhung!)

Ich kann Ihnen das nicht ersparen. Frau Kollegin Tillmann, ich habe gerade eine Pressemitteilung vom 24. Februar 2010 herausgeholt, die vom Tenor her richtig ist. Unter der Überschrift „Zusätzlichkeitskriterium ist verantwortungsvoll!“ schreiben Sie   ich zitiere, weil das alles stimmt, was Sie schreiben: Die neue Initiative der Länder im Bundesrat, Investitionen in Kommunen auch dann aus dem Konjunkturprogramm zu fördern, wenn sie nicht zusätzlich sind, hat die Bundesregierung in ihrer heutigen Kabinettssitzung zu Recht zurückgewiesen.

(Bettina Hagedorn (SPD): Ja!)

Nur zusätzliche Investitionen erfüllen den Sinn und Zweck des Konjunkturprogramms, neue Aufträge zu generieren und dadurch die krisenbedingte Nachfragelücke zumindest teilweise zu schließen.
Auch das ist richtig.

(Bettina Hagedorn (SPD): Ja!)

„Die Streichung des Zusätzlichkeitskriteriums würde zu einer Ungleichbehandlung führen. Kommunen, die ihre Maßnahmen bereits durchfinanziert haben, wären gegenüber Kommunen, die sich mehr Zeit gelassen haben, benachteiligt“, so Tillmann.

Es tut mir leid, Sie haben damit vollkommen recht; nur machen Sie mit diesem Gesetz, zu dem Sie jetzt eben kein Wort gesagt haben, genau das Gegenteil. Ich finde, dafür sind Sie der deutschen Öffentlichkeit eine Erklärung schuldig.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann mir vorstellen, dass Ihnen das peinlich ist. Das kann ich sogar nachvollziehen. Ich würde das nicht machen wollen. Ich hätte das auch nicht gemacht. Ich hätte so etwas auch nicht zugesagt. Ich hätte auch das erste Gesetz, mit dem das in Verbindung steht, nicht gemacht. Aber es zieht sich wie ein roter Faden durch die Finanzpolitik dieser Regierung, dass Sie kein Konzept haben, dass wirtschaftliche Effekte, die zu einer Stärkung von wirtschaftlicher Tätigkeit führen, im Hintergrund stehen. Im Gegenteil: Sie betreiben Klientelbegünstigung. Das, was an guten Maßnahmen noch da war   wir laufen jetzt sogar Gefahr, dass diese Hilfen, die wir gegeben haben, verfassungswidrig sind  , konterkarieren Sie. Ich finde, es ist eine bittere Stunde für den Bundestag, eine bittere Stunde für den Haushaltsausschuss. Ich kann nur hoffen, dass das in dieser Tendenz mit Ihnen nicht so weitergeht. Aber meine Hoffnung wird wahrscheinlich trügen.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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