Die Sanierungen des Erfurter Dreibrunnenbads und des Freibads Möbisburg werden nach einem Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestags mit 4,5 Millionen Euro unterstützt.

Der Bund wird für die Sanierung der beiden Erfurter Bäder insgesamt 4,562 Millionen Euro bereitstellen. Die Erfurter Abgeordneten Antje Tillmann und Carsten Schneider betonen gemeinsam: „Für die Erfurterinnen und Erfurt sind die Bäder ein Stück Lebensqualität und werden vor allem von Familien und Schülern genutzt.“

Das beliebte “Dreier“ und Freibad Möbisburg sind seit langem wichtige Anlaufstellen für Sport und Erholung. Der bauliche und technische Zustand beider Bäder macht nach Jahrzehnten der Nutzung große Investitionen nötig. Den Bädern drohte gar die Schließung aufgrund hoher Sanierungskosten, die den Haushalt der Stadt über Gebühr belastet hätten.

Tillmann und Schneider weiter: „Wir kennen und unterstützen die Arbeit der beiden Fördervereine seit langem und haben uns in Berlin dafür stark gemacht, dass die Mittel nach Erfurt fließen. Damit können die Bäder auf Vordermann gebracht werden und weiterhin vielen Erfurterinnen und Erfurtern Spaß und Freude im Sommer bereiten.“

Die Stadtverwaltung steht mit der Umsetzung in den Startlöchern. Tillmann und Schneider betonen: „Uns ist es wichtig, dass das Geld so schnell wie möglich ankommt und die Baumaßnahmen an den Bädern beginnen können.“

Die Abgeordneten abschließend: „Die lang ersehnten Investitionen werden den Erfurtern Schwimmbädern neues Leben einhauchen. Die Sanierungen kommen!“

Nach einem Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestags werden für den Albert-Kuntz-Sportpark in Nordhausen etwa eine Million Euro bereitgestellt.

Der Bundestagsabgeordneter Carsten Schneider überzeugte sich im März gemeinsam mit Landrat Matthias Jendricke vor Ort von der Notwendigkeit der Sanierung und des Ausbaus.
Carsten Schneider betont: „Nach Jahrzehnten der Nutzung gibt es vor Ort einen großen Sanierungsbedarf. Es ist Zeit die Sportstätte tauglich für das 21. Jahrhundert zu machen.“

Das Stadion und der Verein FSV Wacker 90 Nordhausen e.V. haben eine hohe Symbolkraft für die Stadt und sind ein Ankerpunkt für die Region. Der Abgeordnete weiter: „Deswegen hat sich der Einsatz in Berlin gelohnt, damit die Mittel nach Nordhausen fließen können.“

Der Bund wird für den Ausbau der Sportflächen und die Sanierung des Sozialgebäudes in Nordhausen insgesamt 1,044 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Mit dem bereitgestellten Geld soll der zweite Bauabschnitt starten können. In diesem soll der Gästeblock umgebaut, das Sozialgebäude renoviert und neue Trainingsplätze angelegt werden.

Schneider abschließend: „Mit der Förderung kann der Albert-Kuntz-Sportpark fit für die Zukunft gemacht werden.“

Der neue Vorsitzende der sächsischen CDU-Landtagsfraktion, Christian Hartmann, hat ein „Faible für deutsche und europäische Geschichte“. So steht es auf seiner Internetseite. Er wird also Franz von Papen kennen, den konservativen Reichskanzler 1932. Von Papen meinte, die rechtsradikalen Kräfte der Weimarer Republik durch Einbindung zähmen zu können. Wie rücksichtslos die Feinde der Republik ihre politischen Ziele verfolgen würden, unterschätzte er fundamental. Gerade von einem Christdemokraten darf man deshalb eine besondere Sensibilität im Umgang mit der rechtsextremen AfD erwarten. Doch Christian Hartmann denkt nicht daran. Er hält sich eine Koalition mit der AfD „aus Respekt vor den Wählern“ bewusst offen – auch in einem weiteren ausführlichen Interview schließt er eine Koalition mit der AfD nicht aus. Wenn ein führender CDU-Vertreter so redet, hilft er kräftig mit, die AfD salonfähig zu machen.

Christian Hartmann verkündet die Annäherung an die AfD zu einem Zeitpunkt, an dem diese Partei ihre Maske endgültig fallengelassen hat. Auf den Demonstrationen Anfang September in Chemnitz verbrüderte sie sich mit Pegida und verschiedenen rechtsradikalen Gruppen. Auf dem gemeinsamen „Schweigemarsch“ lief vorne Björn Höcke, der Anführer des völkisch-nationalen „Flügels“ der AfD. Seit diesem öffentlichen Schulterschluss steht fest: Die AfD ist keine bürgerliche Partei, sondern der parlamentarische Arm der extremen Rechten in Deutschland. Die inhaltlich-programmatische Rechtsradikalisierung der AfD, die seit längerem zu beobachten ist, geht einher mit der organisatorisch-strukturellen Öffnung in Richtung des rechtsextremistischen Milieus.

Nun mag man einwenden, dass auf den Demos in Chemnitz nicht nur Neonazis, sondern auch ganz normale Bürger mitgelaufen sind. Ebenso gilt natürlich, dass nicht alle AfD-Wähler Fremdenfeinde und Nationalisten sind. Aber gebietet es deshalb der „Respekt vor den Wählern“ (Christian Hartmann), sich der AfD gegenüber zugewandt zu zeigen und – wie die CSU – teilweise sogar deren Positionen zu übernehmen? Natürlich nicht. Respektvoll gegenüber den Bürgern wäre es, die eigenen Werte und Überzeugungen offensiv zu vertreten. Respektvoll wären Rückgrat und Verlässlichkeit. Respektvoll wäre das offene Wort: Wer bei den Neonazis mitmarschiert, macht sich mit deren Sache gemein! Und wer die AfD wählt, der äußert keinen legitimen Protest, sondern stimmt für eine fremdenfeindliche Partei, die den Systemwechsel anstrebt! Genau deswegen kann die AfD auch kein demokratischer Koalitionspartner sein. Leider hat das Beschwichtigen und Relativieren gegenüber dem Rechtsextremismus gerade in der sächsischen Union seit Jahrzehnten Tradition. Anstatt weiter den Kotau vor der AfD zu machen, sollte sich die sächsische CDU von rechten Tendenzen endlich deutlich distanzieren.

Und auch auf Bundesebene müssen die beunruhigenden Entwicklungen rund um Chemnitz Konsequenzen haben für den Umgang mit der AfD. Seit einem Jahr sitzen die Rechtsnationalisten mit 92 Abgeordneten im Deutschen Bundestag. Die übrigen Parteien haben sie – nach dem Leitbild „abgrenzen ohne auszugrenzen“ – von Beginn an fair behandelt. Die Hoffnung war, dass die AfD sich an der parlamentarischen Arbeit konstruktiv beteiligen und an die Regeln des Bundestages halten würde.

Das Gegenteil ist eingetreten. Die AfD arbeitet im Parlament nicht mit, sondern missbraucht den Bundestag als Bühne für die eigene Social Media-Propaganda. Ihre steuerfinanzierten Fraktionsgelder konzentriert sie nicht auf die parlamentarische Arbeit, sondern betreibt künftig einen eigenen „Newsroom“, um den angeblichen „Fake News“ der klassischen Medien eigene Wahrheiten entgegenzusetzen. Im Plenum selbst versucht die AfD immer häufiger, rechtsextreme Kampfbegriffe salonfähig zu machen („entartet“, „Flüchtlingswelle“, „Bevölkerungsaustausch“). Dabei verknüpft sie jeden noch so speziellen Tagesordnungspunkt mit dem Zuwanderungsthema. Es passt ins Bild, dass die zahlreichen Verbindungen von Bundestagsmitarbeitern der AfD in die rechtsextreme Szene mittlerweile gut dokumentiert sind.

Aus diesem Grund sollte, was für die Straße gilt, auch für das Parlament gelten: Die demokratischen Kräfte müssen sich deutlicher als bislang von der Partei abgrenzen. Das betrifft erstens die Parlamentsdebatten. Weiterhin werden wir rassistischen, menschenfeindlichen oder geschichtsklitternden Äußerungen scharf entgegentreten. Zweitens muss der Verfassungsschutz die jüngste Radikalisierung der AfD genau analysieren und dann entscheiden, ob die Kriterien für eine formale Beobachtung erfüllt sind.

Drittens ist gerade die SPD aufgefordert, die AfD in der Sozial- und Wirtschaftspolitik zu demaskieren und die eigenen Vorstellungen für ein zukunftsfähiges, solidarisches Land in den Vordergrund zu stellen. Wie die aktuellen Debatten um Rentensicherung und Mietenstopp zeigen, hat die AfD keine eindeutigen Positionen und keine Problemlösungskompetenz. „Ausländer raus“ ist eben keine Antwort auf steigende Mieten, lange Wartezeiten beim Arzt oder die Personalengpässe in Schulen und Polizeibehörden. Angesichts dieser inhaltlichen Leere wirkt Alexander Gaulands jüngste Polemik in dieser Zeitung gegen die politisch prägenden Parteien dieses hochattraktiven Landes, in dem 99 Prozent der Weltbevölkerung mit Sicherheit gern leben würden, seltsam hohl.

Klare Kante statt Anbiederung gegenüber der AfD – so muss der gemeinsame Ansatz aller demokratischen Parteien lauten. Dies weiß auch Angela Merkel, die Christian Hartmanns Äußerungen widersprochen hat. Dass allerdings Unionspolitiker der CDU-Bundesvorsitzenden in dieser zentralen Frage auf der Nase herumtanzen, lässt für die künftige Strategiefähigkeit der Union nichts Gutes erahnen.

(c) Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main

Ein Spielbericht zur Deutschen Einheit

Superstars kann man in München, Turin oder Madrid spielen sehen, aber ehrlichen Fußball gibt es auf jedem Rübenacker in Europa. Es ist erst ein paar Wochen her, da begegneten sich der FSV Optik Rathenow und Union Fürstenwalde in der Regionalliga Nordost. Vor einer überschaubaren Anzahl an Zaungästen ging es an diesem Nachmittag hart zur Sache im Stadion Vogelgesang. Beide Mannschaften, übrigens gespickt mit Mitspielern ausländischer Herkunft, schenkten sich von Beginn an nichts. So schnell der Ball verloren ging, so engagiert holte man sich das Leder zurück. Ja, das war packender, ganz ehrlicher Fußball.

Meine Fanleidenschaft gehört eigentlich meinem Heimatverein FC Rot-Weiß Erfurt und seit den 1980er Jahren auch der Frankfurter Eintracht. Frankfurt macht in letzter Zeit viel Freude, Rot-Weiß aber musste dieses Jahr Insolvenz beantragen und ist auch sportlich deutlich aus der 3. Liga abgestiegen. Eine Tragödie für den Club, das Umfeld und die Fans; doch nach vielen wirtschaftlichen und juristischen Querelen hat man nun mit neuen Verantwortlichen und jungen Spielern wieder zurück zum sportlichen Tagesgeschäft gefunden, eben in der Regionalliga Nordost. Eine bisher aus Erfurter Sicht eher verpönte Liga.

Für Erfurt ist es eine neue Erfahrung, am Wochenende nicht mehr gegen Hansa Rostock, den Karlsruher SC oder den VfL Osnabrück vor gefüllten Zuschauerrängen, sondern auf ostdeutschen Provinzplätzen in Bautzen, Auerbach oder Neugersdorf um Punkte zu fighten. „Hurra, das ganze Dorf ist da!“, „Kniet nieder ihr Bauern, Erfurt ist zu Gast!“ und ähnliche Schlachtrufe werden nur zu gerne intoniert. Bei anderen Traditionsvereinen ist das nicht anders. Wenn der BFC Dynamo oder Lok Leipzig zum Auswärtsspiel in ländliche Gegenden reisen, fühlen sich nicht Wenige wie ein mittelalterlicher Landgraf auf Stippvisite bei seinen Vasallen. Und wenn die Bauern dann auch noch ein ebenbürtiges Duell abliefern, dann war die eigene Mannschaft eben besonders schlecht, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Auch in der 1. Liga kennen wir solche Arroganz. Für den FC Bayern erscheint im Prinzip jeder Gegner im Ligabetrieb wie Optik Rathenow oder der FC Mettmann 08.

Was unter Fans als zünftiger Spaß durchaus üblich ist, wirft dennoch grundsätzliche Fragen auf. Brauchen Menschen mitunter einfach den herablassenden Blick auf andere, um die eigene Identität zu stabilisieren? Die reflexhafte Herabsetzung der und des Anderen war und ist auch für die deutsche Einheit, die in dieser Woche in aller Munde und Anlass für einen arbeitsfreien Mittwoch war, eine allgegenwärtige Hypothek.

Nicht völlig zu Unrecht denken viele Ossis dabei sofort an die jüngeren Erfahrungen der Nachwendezeit. Ob beim Verkaufsgespräch für LAMA-Gold-Decken, im neuen Job, in der Schule oder auf dem Amt: überall trafen gebürtige Ostdeutsche auf „Besserwessis“, die selten einen Hehl daraus machten, dass sie sich selbst für klüger, erfolgreicher, wohlhabender, fleißiger und selbstredend smarter hielten. Der friedliche Revolutionär von gestern wurde zu oft der abgezockte Trottel von heute. Und diese in den 90er Jahren erlebten Herabwürdigungen haben sich bei vielen Ostdeutschen tief ins gesamtdeutsche Gedächtnis gebrannt.

Aber auch innerhalb der ostdeutschen  Gesellschaft greift das Phänomen identitätsstiftender Arroganz zunehmend Raum. Als so viele Menschen nach 1990 ihre Arbeitsplätze verloren, die Kombinate abgewickelt wurden und die alten Kaufhallen mit den Lücken im Regal nun Supermärkte hießen und Konsum im Überfluss anboten, schafften manche einen erfolgreichen Spurwechsel (sic!) und viele andere blieben ohne adäquaten Job und ökonomische Perspektive. Und obwohl man Jahre oder Jahrzehnte lang im selben Betrieb, in derselben Abteilung gearbeitet hatte, die Kinder in die gleiche Klasse gingen und man vielleicht sogar erfolgreich in der Betriebssportgemeinschaft (BSG) gekickt hatte, ging man sich schon recht bald aus dem Weg. Der Betrieb war dicht, die Kinder im Westen und die BSG ein Relikt vergangener Zeiten.

Während die Erfolgreichen und Flexiblen weder Zeit für noch Interesse an alten Kontakten hatten, wenn sie keinen geschäftlichen Vorteil boten, zogen sich die weniger Erfolgreichen zunehmend beschämt zurück ins Private. Nicht lange Zeit später war es sogar in Mode, die eigene Erfolgsstory mit einem selbstgerechten Fingerzeig auf die Arbeitslosen, die ja nur zu wehleidig oder bequem wären, zu garnieren. Das Unglück der anderen als Spiegel der eigenen Überlegenheit?

Heute scheint es in Ost und West für nicht wenige Menschen identitätsstiftend zu sein, die überhebliche Nase über die faulen Südeuropäer oder vermeintlich nassauernde Migranten zu rümpfen. Manche Leute haben zwar noch nie einen Kriegsflüchtling oder Asylbewerber gesehen, aber schon allein ihre medial konstatierte geographische Anwesenheit wertet das eigene Deutschsein überproportional auf.

Und dann erst „die da oben“: Parteipolitiker, Medienvertreter und Unternehmensvorstände bilden offensichtlich grundsätzlich hinreichende Legitimation für die eigene Verachtung. Der moralisierende Fingerzeig auf die „Eliten“ geht eigentlich immer und stärkt sowohl Selbstvertrauen als auch das Gruppengefühl.

Dabei sind gerade Politiker nicht davor gefeit, ebenso arrogant auf ihre Kritiker herabzublicken. Vielleicht ist dieser Reflex eine allzu menschliche Versuchung und der geringschätzende Blick nach „unten“ unterscheidet sich vom verteufelnden Blick nach „oben“ nur dem Worte nach.

Ich selbst versuche redlich, in Gesprächen mit kritischen Zeitgenossen jede Form von Besserwisserei oder Herabsetzung von Gesprächspartnern zu vermeiden, auch wenn das nicht immer leicht fällt. Wenn mir ein Bürger in Erfurt im Wahlkampf eine halbe Stunde lang erklärt, dass weder Gerichte noch Behörden ihm etwas zu sagen hätten, weil die BRD gar nicht existiere und er derzeit als „Übergangsregierung“ des Deutschen Reiches quasi diplomatische Immunität genieße, kommt auch mir schon mal das Wort „Zeitdiebstahl“ über die Lippen.

Deutschland im Jahr 2018 sollte sich am harten, aber ehrlichen Fußball in den unteren Ligen ein Beispiel nehmen. Wir haben kein vorrangiges Problem mit Härte und Meinungsstärke in der politischen Auseinandersetzung, sondern mit der fehlenden Anerkennung der anderen Perspektive. Das gilt unisono für Parlament und Stammtisch, für Dorf und Stadt und in München wie in Bautzen.

Optik Rathenow und Union Fürstenwalde trennten sich an diesem Spätsommernachmittag übrigens nach beherztem Kampf 2:2 unentschieden. Ein gerechtes Ergebnis, auf Augenhöhe.

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Kurz vor der Bundestagsdebatte zur Einführung der Brückenteilzeit hat sich die SPD-Bundestagsfraktion am Montag mit rund 270 Betriebs- und Personalräten aus ganz Deutschland ausgetauscht.
„Arbeit muss sich dem Leben anpassen. Die Arbeitsbedingungen, -zeiten und auch der Gesundheitsschutz müssen vorne angestellt werden“, so Carsten Schneider, erster parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion.
Schneider weiter: „Unternehmen haben verständlicherweise ein Interesse daran, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Das darf aber nicht dazu führen, dass ständige Erreichbarkeit, Wochenendarbeit und überlange Arbeitszeiten zur Regel werden. Hier müssen Grenzen gezogen werden um gute Arbeit zu gewährleisten“.
„Wer Zeit für Weiterbildung, Ehrenamt oder die Familie braucht, soll sie auch bekommen“, stellt Schneider klar. Mit der Regelung zur befristeten Teilzeit, mit dem Recht zur Rückkehr auf die vorherige Arbeitszeit werde ein weiterer wichtiger Schritt unternommen.
„Neben Verbesserungen bei der Rente, bei der Pflege, beim Unterhaltsvorschuss und Kinderzuschlag, einem großen Programm zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen und der Wiedereinführung der Parität in der Krankenversicherung sorgen wir so für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“
Schneider weiter: „Wir freuen uns, dass der Gesetzentwurf zur Brückenteilzeit diese Woche im Bundestag debattiert wird – und die Regelungen schon ab nächstem Jahr gelten sollen“.
Carsten Schneider abschließend: „Ich freue mich, dass ich bei der Gelegenheit mit den Personalräten der Erfurter Stadtverwaltung sprechen konnte“.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer erläutert im Interview die Pläne der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Kampf gegen explodierende Mietkosten. Mietensteigerungen sollen stark begrenzt werden.

Frage: Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, gerät nach seinen Äußerungen zu den Vorfällen in Chemnitz immer stärker unter Druck. Er bezweifelt, dass es dort wirklich Hetzjagden auf Ausländer gegeben hat und hat die Echtheit eines Videos infrage gestellt. Ist er noch der richtige Mann an der richtigen Stelle?

Schneider: Daran gibt es starke Zweifel. Herr Maaßen wird am Mittwoch im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages darlegen müssen, wie er zu seinen Aussagen kommt. Wir erwarten ein klares Lagebild. Das Kernproblem liegt bei Kanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer. Es ist verstörend, dass es zwischen dem für die Koordinierung der Nachrichtendienste zuständigen Kanzleramt und dem Bundesinnenministerium offenbar keine Kommunikation über sicherheitsrelevante Themen gibt. Sie kommen zu gänzlich unterschiedlichen Einschätzungen. Damit wirkt sich der persönliche Streit zwischen den Parteichefs von CDU und CSU, zwischen Kanzlerin und Bundesinnenminister, auch auf die innere Sicherheit aus. Das ist nicht hinnehmbar. Die Befindlichkeiten zwischen beiden führen dazu, dass es in der inneren Sicherheit keine gemeinsame Linie und kein Vertrauen mehr gibt.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wusste von Maaßens Absicht, sich öffentlich zu äußern. Es heißt, er habe ihn sogar dazu animiert …

Es ist üblich, dass der Chef einer nachgeordneten Behörde, wie das Bundesamt für Verfassungsschutz, seine Interviews mit dem Dienstherrn abspricht.

Ich gehe davon aus, dass Bundesinnenminister Seehofer über die Äußerungen von Herrn Maaßen informiert war. Jedenfalls hat er ihm noch am Freitag sein Vertrauen ausgesprochen. Maaßens Äußerungen sind schon eine äußerst steile These. Er behauptet ja nichts anderes, als habe es ein manipuliertes Video gegeben, um von dem Mord abzulenken. Seine Aufgabe ist es, die Verfassung zu schützen und nicht zu spekulieren. Herr Maaßen muss jetzt schnell Klarheit schaffen. Wenn sich seine Äußerungen als falsch herausstellen, muss das Konsequenzen haben. Für ihn und im Bundesinnenministerium.

Themawechsel: Die SPD will eine Mietwende und fordert einen Stopp für Mieterhöhungen über fünf Jahre. Kritiker sprechen von Ideen aus der Mottenkiste, die noch dazu verfassungswidrig seien.
Wie wollen Sie solche Pläne umsetzen?

Wir greifen damit sehr stark in den Markt ein. Aber die Marktwirtschaft muss auch sozial sein. Mehr als die Hälfte aller Menschen in diesem Land verfügt nicht über Wohneigentum und wohnt zur Miete. Für ihre soziale Sicherheit ist es entscheidend, dass die Mieten nicht immer weiter kräftig steigen. Wenn die Mieten immer teurer werden, führt dies zu einer Umverteilung. Wir wollen die Ausbeutung der Mieter stoppen.

Für den Wohnungsbau braucht es auch private Investoren. Fürchten Sie nicht, dass ihr Mietenstopp potenzielle Bauherren abschrecken wird?

Nein, damit rechne ich nicht. Wir haben seit Jahren einen Run auf Immobilien. Es gibt großes Interesse an „Betongold“, und das wird auch so bleiben.

Außerdem: Die Mieten können nach unserem Plan künftig auch noch in dem Maße angehoben werden, in dem die Inflation steigt. In manchen Ballungsgebieten haben wir zuletzt aber Mietsteigerungen von 60 bis 70 Prozent erlebt. Da müssen Menschen ihr Viertel verlassen, aus der Stadt herausziehen. Da wollen wir eingreifen. Bei immer höheren Mieten bleibt den Menschen immer weniger Geld zum Leben. Eigentum verpflichtet. Das gilt eben auch für Vermieter.

Das Bundeskabinett hat gerade erst die wenig wirksame Mietbremse erweitert und nachgebessert. Warum kommt die SPD erst jetzt mit ihrem Mietenstopp?

Wir brauchen dafür eine Mehrheit und eine breite gesellschaftliche Unterstützung. Wenn sich die Union hier nicht bewegt, werden wir das im Wahlkampf zum Thema machen. Wir wollen das Problem der hohen Mieten strukturell angehen. Dazu gehört die Änderung des Grundgesetzes, damit der Bund mehr für den sozialen Wohnungsbau tun kann. Dafür setzen wir Milliarden ein. Das Maklerprinzip wird umgekehrt. Beim Wohnungskauf muss der Verkäufer die Provision zahlen. Und wir führen das Baukindergeld ein. Bis diese Maßnahmen greifen, brauchen wir den Mietenstopp.

Berlin / Thomas Block und Mathias Puddig 06.07.2018

Interview – Die SPD will den Asylstreit schnell hinter sich lassen. Nach wochenlanger Lähmung verlangt Carsten Schneider, Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, die Rückkehr zur Sacharbeit. Er sei es leid, der Diva Seehofer zuzusehen.

Herr Schneider, Sie sind seit 20 Jahren im Bundestag. So turbulent wie jetzt war es selten. Freuen Sie sich?

Carsten Schneider: Wir erleben gerade extreme Zeiten, nicht nur innen- sondern auch außenpolitisch. Fast alle Parteien im Deutschen Bundestag werden deshalb ordentlich durchgeschüttelt. Die beiden so genannten Schwesterparteien CDU und CSU, die bislang immer als seriös galten, bekämpfen sich bis aufs Blut. In dieser Härte habe ich das noch nicht erlebt, und jeden Tag gibt es neue Krisenmeldungen. Wir kommen deshalb kaum zur Normalität.

Dafür sind sich alle einig, dass die Debatten lebendiger geworden sind.

Dass im Plenarsaal nun zwei Fraktionen mehr sitzen, spiegelt die Heterogenität der Meinungen in der Bevölkerung wider und ist auch in Ordnung. Nicht in Ordnung ist, wie sich der Diskurs verändert und radikalisiert hat. Die Konsensbildung wird immer schwieriger. Es gibt eine immer stärkere Individualisierung, auch in Teilen der Parteien. Beispielhaft dafür war die Entscheidung der FDP, nicht in die Regierung zu gehen. Das war eine egoistische Entscheidung.

Gibt es so etwas auch in der SPD?

Hinter uns liegen wilde Zeiten. Wir haben bei der Wahl extrem verloren, uns dann für die Opposition aufgestellt und sind nach dem Scheitern von Jamaika doch in der Regierung gelandet. Wir haben uns der Verantwortung gestellt und sind nun der Stabilitätsanker der Koalition.

Man konnte den Eindruck gewinnen, dass die SPD kontrollierter und damit auch unsichtbarer geworden ist.

Nicht jede Sau, die durchs Dorf getrieben wird, muss zwingend eine sein, die wir antreiben. Wir sind nach dieser harten Niederlage in einem Erneuerungsprozess. Wir müssen das verlorengegangene Vertrauen  zurückgewinnen – und das unter extremen Konkurrenzbedingungen, während wir in Regierungsverantwortung sind. Das ist schon eine große Herausforderung.

Hinter der Regierung liegt ein wochenlanger Streit voller Provokationen und Polarisierungen. Glauben Sie, dass das jetzt vorbei ist?

Wir haben drei Wochen des lodernden Feuers im Haus der CDU und CSU erlebt. Das hat viel Vertrauen zerstört. Das Ansehen der Demokratie hat gelitten. Der Innenminister hat sich mit der Kanzlerin in einer Art und Weise auseinandergesetzt, die ich dem schlimmsten Feind nicht zumuten würde. Das belastet die Regierungsarbeit. Wir erwarten, dass CDU und CSU wieder zu einer ordentlichen Regierungsarbeit zurückkehren.

Was steht aus Ihrer Sicht jetzt an?

Drei Gesetzesvorhaben, die uns wichtig sind, werden gerade von der Union blockiert: der soziale Arbeitsmarkt für 100?000 Langzeitarbeitslose, das Gute-Kita-Gesetz mit vier Milliarden Euro für die Senkung von Kindergartenbeiträgen und eine Verbesserung des Mietrechts zur Stärkung der Mieter gegenüber den Vermietern. Da muss es jetzt vorangehen. Denn wir wollen etwas verändern und nicht nur so tun, als seien wir eine Regierung.

Sie haben gesagt, sie seien nicht mehr bereit, „die Leiden der alten, weißen Männer“ zu ertragen. Was passiert, wenn das nicht aufhört?

Es ist vollkommen klar, dass wir die Situation, wie wir sie in den letzten Wochen hatten, nicht mehr länger dulden werden. Wir werden gut dafür bezahlt, dass wir eine Regierung stellen, die ihre Arbeit macht. Wenn CDU und CSU den Schuss jetzt nicht hören, dann ist die Regierung irgendwann auch am Ende. Wenn Verabredungen, die wir im Koalitionsvertrag getroffen haben, nicht gelten, dann ist die Grundlage weg.

Zuvor müssen Union und SPD aber eine Lösung für den Asylstreit finden. Wie soll das gehen?

Die Hauptverantwortung liegt beim Bundesinnenminister. Der muss seine Arbeit machen und mit den europäischen Partnerländern dafür sorgen, dass ein Abkommen geschlossen wird, dass die Rücknahme von bereits registrierten Flüchtlingen regelt. Bisher hat er sich aber in Brüssel nicht blicken lassen. Ich bin es leid, solch einer Diva zuzusehen. Ich will, dass er seine Arbeit macht. Wenn die CSU noch halbwegs bei Verstand ist, dann kehrt sie jetzt zur Sacharbeit zurück.

Der Thüringer SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider hat Ministerpräsident Bodo Ramelow kritisiert, weil der Linken-Politiker den Ex-Regionalpräsidenten Kataloniens zum Sommerfest der Thüringer Landesvertretung eingeladen hat. „Ich glaube nicht, dass es in die Zuständigkeit eines Thüringer Ministerpräsidenten fällt, einen „Dialog“ zwischen strafrechtlich verfolgten katalanischen Sezessionisten und der spanischen Zentralregierung zu moderieren“, erklärte Schneider am Dienstag.

Der frühere Regionalpräsident Kataloniens, Carles Puigdemont, besuchte am Montag das Sommerfest in Berlin. Im Freistaat stellen Linke, SPD und Grüne die Regierung.

Ramelow und Puigdemont hatten sich zuvor bereits getroffen. Danach twitterte Ramelow: „Wir waren einig, dass es darum geht, einen Dialog zu initiieren zwischen der spanischen Zentralregierung und der Region Katalonien über die Zukunft Spaniens.“

Schneider kritisierte die Aktion als „reichlich unpassend in einer Zeit, in der Europa zunehmend unter Druck durch nationale Alleingänge und mangelnde Solidarität zwischen den EU-Mitgliedstaaten gerät“.

Puigdemont war nach seiner Amtsenthebung nach Belgien geflohen und im März aufgrund eines europäischen Haftbefehls in Schleswig-Holstein festgenommen worden. Die spanische Justiz wirft ihm Rebellion und Untreue vor. Die deutsche Justiz muss noch entscheiden, ob er an Spanien ausgeliefert wird.

Den Link gibt es hier.

Kennen Sie die schöne Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“? Der großartige deutsche Romantiker Joseph von Eichendorff verfasste im Jahre 1826 diese lebensfrohe und spannende Geschichte eines jungen Müllersohnes, der lieber in der Sonne lag als dem Herrn Vater tüchtig zur Hand zu gehen und in der Folge dieses frühkapitalistischen Interessenstreits vom Hofe zog, um in der weiten Welt sein Glück zu machen. Ausgestattet mit viel jugendlicher Unbekümmertheit und einer Geige fand der junge Bohemien alsbald durch die Gunst einer schönen Frau eine Anstellung als Gärtner und später gar als Zolleintreiber an einem Hofe bei Wien. Als der Bursche alsbald seine „Allerschönste“ in der Gunst eines Offiziers wähnte, verließ er seinen Zufluchtsort in Wien und zog weiter in Richtung Italien.

Wenn Sie nun denken, das alles klinge irgendwie nach hedonistischen Mittelstandskindern der heutigen Zeit, die als Backpacker nach Sumatra fliegen, irgendwas mit Medien studieren, aber noch nicht einmal Geige spielen können, dann stimme ich ihnen zu. Umso erstaunlicher ist es, dass die Frau Dr. Weidel von der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag während der Generaldebatte zum Haushalt des Bundeskanzleramts „Burkas“, „Kopftuchmädchen“ und „alimentierte Messermänner“ in einem Satz als „Taugenichtse“ bezeichnet hat, was Ihr nicht nur einen berechtigten Ordnungsruf des Bundestagspräsidenten eintrug, sondern auch eine veritable Unkenntnis der deutschen Romantik offenbart. Es sei denn, es war ihre Absicht, jene Leute als angenehme, gut gelaunte und naturbegeisterte Wandersleute darzustellen.

Wie dem auch sei: Der echte Taugenichts kam nach seiner abrupten Abfahrt aus Wien über einige Umwege schließlich in Rom an. Hier wandelte er nach dem Erhalt eines vermeintlichen Liebesbriefes seiner Angebeteten Sehnsüchten und Trugbildern hinterher, um schließlich einsehen zu müssen, dass er auf dem Holzweg ist.

Einige Jahrzehnte später hätte er vielleicht auch Italiens berühmtesten Hampelmann vor Silvio Berlusconi getroffen: Pinocchio. Die lustige Holzpuppe hatte nur ein im politischen Geschäft eher nachteiliges Handicap, denn bei jeder Lüge wuchs ihre Nase ganz beträchtlich. Bei den neuen politischen Entscheidungsträgern in Rom ist nasenmäßig bis jetzt noch nichts ins Auge gesprungen. Aber Europa tut sicher gut daran, den Herren Salvini von der Lega Nord und Grillo von der Fünf-Sterne-Bewegung genau auf die Finger bzw. die Nasen zu schauen, wenn sie demnächst von der europäischen Integration und der gemeinsamen Währung sprechen.

Zurück zu unserem „Taugenichts“: Am Ende erfährt der überglückliche Weltenbummler in Wien, dass seine „Allerschönste“ die Pflegetochter der Gräfin ist und überdies ebenso innige Liebe für ihn empfindet. Zur Hochzeit beschenkt der Herr des Hauses die beiden noch mit einem Schloss samt Garten und Weinbergen.

Und was lehrt uns die Geschichte?
1. Die deutsche Romantik muss vor der AfD geschützt werden.
2. Alice Weidels Vergleiche taugen nichts.
3. Von italienischen Populisten sollte sich Europa nicht an der Nase herumführen lassen.
4. Am Ende gewinnen die Guten.